Die Abstimmung war klar: 62 Prozent haben 2022 «Ja» zu einem klimaneutralen Basel per 2037 gestimmt. Der Stadtkanton am Rhein hat damit die ambitioniertesten Klimaziele unter den Schweizer Grossstädten. Nun geht es vorwärts: Das Fernwärmenetz wird um 60 Kilometer ausgebaut, das Gasnetz schrittweise stillgelegt.
Das Gas-Ende in drei Jahren: unvorstellbar für Lili S. Sie ist Hausbesitzerin, 91-jährig, alleinstehend. «Dass ich in meinen alten Tagen noch so etwas erleben muss! Ich müsste ausziehen, weil hier ja alles saniert wird.» Vor einigen Monaten hat sie einen Brief erhalten. 2028 werde ihr Gasanschluss stillgelegt, schreibt der Energieversorger IWB. Doch im Haus der Rentnerin in Kleinbasel ist Gas die Hauptenergiequelle. Heizung, Kochherd, Warmwasser – alles funktioniert mit Gas.
Lili S. erhält Hilfe von ihrer Nichte: «Es läuft auf eine Totalsanierung hinaus», sagt Ruth Laederach. Öfen einbauen, komplett neue Elektroinstallationen, allenfalls braucht es eine Sanierung der Bäder, der Gebäudehülle. «Das kann meine Tante nicht stemmen, auch finanziell nicht.» Allenfalls müsse das Haus verkauft werden und die heutigen Mieter ausziehen.
Kein Aufschub
Nun hat Lili S. eine Beschwerde gegen die Stilllegung des Gasanschlusses eingereicht. Doch beim städtischen Versorger IWB winkt man ab. «2028 ist die Gasleitung dort am Lebensende. Wir müssten sie aus Sicherheitsgründen ersetzen, werden das aber nicht mehr machen», sagt Evelyn Rubli von der Geschäftsleitung der Industriellen Werke Basel IWB.
Weil 2037 sowieso Schluss sei mit Gas in Basel-Stadt, werde man nicht mehr investieren. Für Härtefälle wie Lili S. verweist sie auf die Beratungsstellen des Kantons: «Es ist nicht eine Aufgabe des Energieversorgers, zu schauen, dass Hausbesitzer mit Sanierungen rechtzeitig unterwegs sind.»
Alternative Fernwärme
Bisher hat IWB die Stilllegung von 400 Gasanschlüssen angekündigt. Aber 2029 werden es 1000 pro Jahr sein. Als Ersatz investiert IWB Millionen in den Ausbau des Fernwärmenetzes.
Hinzu kommen Ausgaben, um die Fernwärme überhaupt CO₂-neutral zu machen. Denn heute wird die Basler Fernwärme noch zu über 20 Prozent mit purem Erdgas aufbereitet. Geplant sind Pellet-Brennöfen und Rückgewinnungen aus dem Rhein und der Abwasserreinigung.
Regierungsrat Kaspar Sutter glaubt, Basel-Stadt habe ein Interesse daran, dass es schnell geht: «Aus Gründen des Klimaschutzes – aber auch, damit wir nicht noch Investitionen tätigen müssen ins Gasnetz, die sich nicht rechnen.» Dass einige Hausbesitzer auf der Strecke blieben, ist ihm bewusst. Er verweist auf die Subventionen, welche die Stadt ausschüttet.
Grünen-Fraktionspräsidentin Aline Trede sieht die grossen Herausforderungen auf dem Weg zu «netto null». Zum Fall Lili S. sagt sie: «Es gibt immer Fälle, die schwierig sind». Für diese brauche es sozialverträgliche Lösungen. Was die Kommunikation mit der Bevölkerung angeht, sieht Trede Verbesserungspotential. «Ich denke, aus solchen Fehlern können auch andere Städte und Regionen Lehren ziehen.»
Rentnerin Lili S. aber will noch nicht aufgeben: Sie hofft, dass sie und die Mieter so lange wie möglich im Haus bleiben können.