Feuerwehrunglück - Drama von Gretzenbach jährt sich zum 20. Mal
Vor 20 Jahren werden bei einem Feuerwehreinsatz zehn Männer unter Trümmern begraben. Sieben überlebten das Unglück nicht. Der damalige Kommandant spricht mit SRF über die Geschehnisse von damals.
Es ist kurz nach 6 Uhr an jenem Samstagmorgen, dem 27. November 2004. Die Feuerwehr rückt aus, um drei brennende Autos in einer Tiefgarage in Gretzenbach SO zu löschen. Es ist ein Routineeinsatz. Kurze Zeit später hat die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle.
Doch plötzlich, innert Sekunden, stürzt die tonnenschwere Betondecke herab und begräbt zehn Männer unter sich.
Drei Feuerwehrmänner können gerettet werden, sieben sterben unter den Trümmern. Das Ereignis geht als das grösste Feuerwehrunglück der Schweiz in die Geschichte ein.
Schweizweit grosse Betroffenheit
Die getöteten Feuerwehrleute sind zwischen 27 und 42 Jahre alt. Vier von ihnen sind verheiratet, drei hinterlassen Kinder. Das Unglück löst schweizweit grosse Betroffenheit aus.
Grosse Betroffenheit nach Feuerwehrunglück
Diese Trauer hält bis heute an. Auch wenn es schon zwanzig Jahre her ist, kommen die Bilder und Emotionen beim damaligen Feuerwehrkommandanten Markus Gugger sofort wieder hoch, wenn er am Unglücksort steht.
Es war wie ein Lift, der keine Bremsen hat.
«Wir hatten den Brand im Griff. Dann geschah es, von einer Sekunde auf die andere», erinnert er sich. «Die Decke krachte herunter, wie ein Lift, der keine Bremsen hat.»
Rettungsaktion nach Deckeneinsturz
«Es war schrecklich, doch in diesem Moment haben wir alle einfach funktioniert», erzählt Gugger weiter. «Wir haben alles getan, um unseren Kameraden zu helfen und das Ereignis zu bewältigen.»
Gericht spricht die Verantwortlichen frei
Was für Markus Gugger und viele andere Betroffene schwierig war: Die Schuldigen wurden zwar gefunden, verurteilt wurden sie jedoch nicht.
Das Feuerwehrunglück vor Gericht
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Laut Gutachten hatte die zu hohe Überschüttung und eine falsche Berechnung der Statik der Einstellhalle zum Einsturz geführt. Ausserdem seien während den Bauarbeiten zu schwere Baumaschinen über die Tiefgarage gefahren.
Die Fehler beim Errichten der Überbauung gegen die beiden Bauherren waren längst verjährt. Im Jahr 2011 sprach das Obergericht die Bauherren auch von den anderen Vorwürfen frei.
Die Begründung: Sie hätten zwar bereits 1990 gewusst, dass es Risse in der Tiefgaragendecke gegeben und zu viel Erde auf der Decke gelegen habe. Sie hätten jedoch die Gefahr nicht abwenden können oder müssen. Sie hätten nicht gewusst, dass eine Einsturzgefahr bestanden habe. Das Gericht sprach von einer «unklaren Gefahrensituation».
Ingenieur gestand Fehler ein
Einzig der mehr als 80 Jahre alte Ingenieur gab vor dem Amtsgericht Olten-Gösgen eine Mitverantwortung am Unglück zu. Er räumte ein, dass die Berechnung der Statik der Einstellhalle falsch gewesen sei.
Der Ingenieur hatte die Eigentümer 1990 in einem Brief über die zu hohe Erdüberschüttung auf der Halle und über die Risse in der Betondecke informiert. Er sei davon ausgegangen, dass die Missstände behoben würden, sagte er.
Zwar anerkannte das Solothurner Obergericht, dass die Bauherren wussten, dass es Risse in der Tiefgaragendecke gab und zu viel Erde auf der Decke lag, sie hätten jedoch nicht gewusst, dass eine Einsturzgefahr bestanden habe.
Es hätte unsere Kameraden nicht zurückgebracht, aber ein Stück Gerechtigkeit.
Das Urteil hat für Markus Gugger bis heute einen bitteren Nachgeschmack. «Die Schuldigen wurden zwar gefunden und dennoch wurde niemand schuldig gesprochen», kritisiert er. «Ein Schuldspruch hätte unsere Kameraden nicht zurückgebracht, aber wenigstens ein Stück Gerechtigkeit.»
Verstorbene Feuerwehrleute gehen nicht vergessen
Jedes Jahr am 27. November treffen sich Feuerwehrleute und Angehörige im Feuerwehrmagazin in Schönenwerd. Mit dabei ist auch der heutige Kommandant Alain Lack, der selbst beim Unglück nicht dabei war.
«Ich erlebe diesen Gedenktag als etwas sehr Schönes und Herzliches», sagt er. «Alle spazieren mit Fackeln vom Magazin zum Unglücksort und gedenken den Verstorbenen. Dann gehen wir zurück ins Magazin und reden bei einer Tasse Kaffee.»
Der damalige Kommandant Markus Gugger hat das Unglück inzwischen teilweise verarbeitet – er könne wieder ein mehr oder weniger normales Leben führen. Das hat viel Zeit gebraucht: «Im ersten Jahr habe ich einfach nur funktioniert und konnte keinen Moment lang Ruhe finden. Erst nach dem Gerichtsprozess war das Erlebte nicht mehr omnipräsent.»
Heute könne er das Unglück gedanklich in einer Schublade verstauen. «Manchmal mache ich sie auf und lasse die Erinnerungen und Emotionen zu», so Gugger. «Heute kann ich diese Schublade auch wieder schliessen. Doch vergessen kann ich das Erlebte nicht, genauso wie auch die verlorenen Kameraden nie vergessen sein werden.»
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