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Globale Mindeststeuerreform betrifft auch Schweizer Kantone
Aus Rendez-vous vom 29.10.2021. Bild: Imago
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Finanzdirektor zur OECD-Reform So will die Schweiz den «Angriff auf den Steuerstandort» abfedern

Vertreter der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer der Welt kommen an diesem Wochenende zusammen. Unter anderem wollen sie einem Mindeststeuersatz für multinationale Unternehmen von 15 Prozent zustimmen. Zudem müssen Konzerne ihre Steuern dort bezahlen, wo sie ihre Gewinne machen. Die Reform betrifft auch die Schweiz, insbesondere jene 18 Kantone, deren Gewinnsteuer unter 15 Prozent liegt.

Ernst Stocker, Finanzdirektor des Kantons Zürich und Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und -direktoren, bezeichnete die Reform im Sommer als «Angriff auf den Steuerstandort Schweiz». Nun gehe es darum, deren Auswirkungen abzufedern.

Ernst Stocker

Präsident der kantonalen Finanzdirektorenkonferenz

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Seit 2010 ist Ernst Stocker (SVP) Regierungsrat des Kantons Zürich. Seit 2015 leitet er die Finanzdirektion des Kantons. Stocker ist auch Präsident der kantonalen Finanzdirektorenkonferenz (FDK).

SRF News: Können Sie inzwischen eine Antwort geben auf die Frage, wie schlimm dieser Angriff wird?

Ernst Stocker: Die Frage kann ich nur teilweise beantworten, weil wir noch nicht alles wissen. Die Reform bleibt von grösserer Tragweite für die Schweiz. Die attraktiven steuerlichen Bedingungen der Schweiz werden durch das internationale Abkommen ein Stück weit ausgehebelt.

Die Kantone haben in den letzten Monaten geprüft, wie sie auf diese Steuerreform reagieren sollen. Zu welchen Schlüssen sind sie gelangt?

Unsere Prüfungen laufen, es gibt viele offene Fragen. Klar ist: Die Steuergelder, die bis anhin in der Schweiz anfielen, sollen auch weiterhin in der Schweiz bleiben. Hier braucht es eine Lösung. Das gestaltet sich aber nicht so einfach. Denn für internationale Unternehmen sind nicht nur die Steuern entscheidend.

Wir werden alle Register ziehen, damit unser Steuersubstrat hier bleibt und die Schweiz attraktiv bleibt.
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Es gilt drei Dinge unter einen Hut zu bringen: Unser Steuersystem muss international anerkannt werden, die Steuern sollen weiterhin ergiebig sein und wir wollen die Attraktivität des Standorts Schweiz sichern. Wir werden alle Register ziehen, damit unser Steuersubstrat hier bleibt und die Schweiz attraktiv bleibt.

Weltweite Mindeststeuer

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Die internationale Steuerreform der OECD sieht eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent für grosse Konzerne vor. Diese soll ab 2023 greifen.

Ausserdem sollen die 100 grössten und profitabelsten Konzerne der Welt mehr Steuern in den Ländern bezahlen, in denen sie besonders gute Geschäfte machen. Davon dürften Schwellenländer profitieren.

Bislang verschieben Konzerne gerne ihre Gewinne etwa aus Patenten oder Software-Lizenzen in Niedrigsteuerländer und senken damit ihre Steuerlast. So bezahlen etwa Internet-Grosskonzerne kaum Steuern in den Ländern, in denen sie die meisten Kunden haben.

Schweiz drängt auf Rechtssicherheit

Laut dem Finanzdepartement (EFD) fordert die Schweiz, dass bei der Umsetzung die Interessen kleiner, wirtschaftsstarker Länder berücksichtigt werden sollen. Zudem müsse Rechtssicherheit für betroffene Unternehmen bestehen, teilte das EFD mit.

Weitere für die Schweiz wichtige Punkte seien noch offen und sollen in den kommenden Monaten konkretisiert werden. Die Schweiz setze sich dabei für innovations- und wohlstandsfreundliche Regeln ein, die weltweit einheitlich angewendet werden sollen.

Die Schweiz übt – wie auch weitere Länder – aber Kritik am Zeitplan der OECD. Dieser respektiere nationale Gesetzgebungsprozesse noch zu wenig. Es werde für die Schweiz nicht möglich sein, die neuen Regeln wie geplant 2023 einzuführen. Dies hatte Bundesrat Ueli Maurer am Ministertreffen der OECD Anfang Oktober in Paris nochmals betont. (sda)

Ideen gibt es ja durchaus. Sie selber haben von der Möglichkeit gesprochen, die Schwerverkehrsabgabe bei der Berechnung der Mindeststeuer mitzuberücksichtigen. Wie gehen die Kantone vor, um solche Lösungsvorschläge einzubringen?

Wir sind zusammen mit dem Bund und der Wirtschaft daran, diese Auslege-Ordnung voranzutreiben. Bis jetzt waren in der Schweiz solche ausserfiskalischen Instrumente, die das Ausland schon lange kennt, nicht vorhanden. Im Ausland wird Firmen zum Beispiel Bauland günstiger zur Verfügung gestellt oder es gibt direkte finanzielle Beiträge für Forschung und Entwicklung. Nun geht es darum zu prüfen, ob man gewisse Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten oder andere Bereiche entgelten könnte, damit die Bedingungen für die Firmen wieder vergleichbar wären mit der Zeit vor der OECD-Vereinbarung.

Sprenggewaltige Vorschläge der Wirtschaft

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Legende: Der Zürcher Finanzdirektor Ernst Stocker Keystone

Die Wirtschaftsverbände Economiesuisse und Swissholdings haben unlängst gefordert, Firmen mit staatlichen Beihilfen und Subventionen zu entschädigen, um die höheren Steuern zu kompensieren.

Bei Beiträgen für Forschung und Entwicklung zeigt sich der oberste Finanzdirektor der Schweiz offen: «Wenn es darum geht, den Forschungs- und Innovationsstandort Schweiz zu fördern, kann man sicher darüber diskutieren.»

Gleichzeitig tritt Stocker auf die Bremse. Einige der Vorschläge aus der Wirtschaft seien brisant. «Wir haben ein direktdemokratisches System und das Ganze muss politische Akzeptanz haben, sonst können wir es nicht nur durchsetzen.»

Die Vorschläge seien zwar gut gemeint, schliesst der Zürcher Finanzdirektor. «Der Denkanstoss beinhaltet aber doch einigen Sprengstoff und ist mit Vorsicht zu geniessen.»

Nicht alle Kantone sind in gleichem Ausmass von der Reform betroffen – Ihr Kanton Zürich beispielsweise nicht. Wie laufen die Diskussionen untereinander?

Tatsächlich sind die Kantone unterschiedlich betroffen. Wobei man im Auge behalten muss, dass mit STAF (siehe Kasten) und den Instrumenten, die künftig im Kanton Zürich eingesetzt werden können, auch bei uns Firmen unter die Gewinnsteuer von 15 Prozent kommen können.

Die STAF kurz erklärt

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Die Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) verpflichtet die Kantone, die Entlastungen aus der Patentbox und dem Überabzug für Forschung und Entwicklung auf maximal 70 Prozent des steuerbaren Gewinnes zu beschränken. Damit soll verhindert werden, dass Unternehmen in einzelnen Jahren überhaupt keine Steuern bezahlen müssen.

Es braucht eine schweizweite Lösung. Nun versuchen wir, die Kräfte auf allen Seiten zu bündeln. Denn es geht um unser Steuersubstrat und vor allem darum, dass wir die nötigen Mittel haben, um den Finanzausgleich zwischen den Kantonen zu speisen. Wenn Verluste anfallen beim Steuersubstrat, wird das nämlich alle treffen. Also sind auch alle Kantone an einer Lösung interessiert.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

Rendez-vous, 29.10.2021, 12:30 Uhr ; 

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