Vertreter der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer der Welt kommen an diesem Wochenende zusammen. Unter anderem wollen sie einem Mindeststeuersatz für multinationale Unternehmen von 15 Prozent zustimmen. Zudem müssen Konzerne ihre Steuern dort bezahlen, wo sie ihre Gewinne machen. Die Reform betrifft auch die Schweiz, insbesondere jene 18 Kantone, deren Gewinnsteuer unter 15 Prozent liegt.
Ernst Stocker, Finanzdirektor des Kantons Zürich und Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und -direktoren, bezeichnete die Reform im Sommer als «Angriff auf den Steuerstandort Schweiz». Nun gehe es darum, deren Auswirkungen abzufedern.
SRF News: Können Sie inzwischen eine Antwort geben auf die Frage, wie schlimm dieser Angriff wird?
Ernst Stocker: Die Frage kann ich nur teilweise beantworten, weil wir noch nicht alles wissen. Die Reform bleibt von grösserer Tragweite für die Schweiz. Die attraktiven steuerlichen Bedingungen der Schweiz werden durch das internationale Abkommen ein Stück weit ausgehebelt.
Die Kantone haben in den letzten Monaten geprüft, wie sie auf diese Steuerreform reagieren sollen. Zu welchen Schlüssen sind sie gelangt?
Unsere Prüfungen laufen, es gibt viele offene Fragen. Klar ist: Die Steuergelder, die bis anhin in der Schweiz anfielen, sollen auch weiterhin in der Schweiz bleiben. Hier braucht es eine Lösung. Das gestaltet sich aber nicht so einfach. Denn für internationale Unternehmen sind nicht nur die Steuern entscheidend.
Wir werden alle Register ziehen, damit unser Steuersubstrat hier bleibt und die Schweiz attraktiv bleibt.
Es gilt drei Dinge unter einen Hut zu bringen: Unser Steuersystem muss international anerkannt werden, die Steuern sollen weiterhin ergiebig sein und wir wollen die Attraktivität des Standorts Schweiz sichern. Wir werden alle Register ziehen, damit unser Steuersubstrat hier bleibt und die Schweiz attraktiv bleibt.
Ideen gibt es ja durchaus. Sie selber haben von der Möglichkeit gesprochen, die Schwerverkehrsabgabe bei der Berechnung der Mindeststeuer mitzuberücksichtigen. Wie gehen die Kantone vor, um solche Lösungsvorschläge einzubringen?
Wir sind zusammen mit dem Bund und der Wirtschaft daran, diese Auslege-Ordnung voranzutreiben. Bis jetzt waren in der Schweiz solche ausserfiskalischen Instrumente, die das Ausland schon lange kennt, nicht vorhanden. Im Ausland wird Firmen zum Beispiel Bauland günstiger zur Verfügung gestellt oder es gibt direkte finanzielle Beiträge für Forschung und Entwicklung. Nun geht es darum zu prüfen, ob man gewisse Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten oder andere Bereiche entgelten könnte, damit die Bedingungen für die Firmen wieder vergleichbar wären mit der Zeit vor der OECD-Vereinbarung.
Nicht alle Kantone sind in gleichem Ausmass von der Reform betroffen – Ihr Kanton Zürich beispielsweise nicht. Wie laufen die Diskussionen untereinander?
Tatsächlich sind die Kantone unterschiedlich betroffen. Wobei man im Auge behalten muss, dass mit STAF (siehe Kasten) und den Instrumenten, die künftig im Kanton Zürich eingesetzt werden können, auch bei uns Firmen unter die Gewinnsteuer von 15 Prozent kommen können.
Es braucht eine schweizweite Lösung. Nun versuchen wir, die Kräfte auf allen Seiten zu bündeln. Denn es geht um unser Steuersubstrat und vor allem darum, dass wir die nötigen Mittel haben, um den Finanzausgleich zwischen den Kantonen zu speisen. Wenn Verluste anfallen beim Steuersubstrat, wird das nämlich alle treffen. Also sind auch alle Kantone an einer Lösung interessiert.
Das Gespräch führte Brigitte Kramer.