Die Schweiz darf nicht in Gespräche mit der EU über eine neue Kohäsionsmilliarde einsteigen, bevor der Zugang der Schweizer Banken zum EU-Markt gesichert ist. Diese klare Forderung formulierte die Schweizerische Bankiervereinigung an ihrer Generalversammlung im September.
Doch im November versprach Bundespräsidentin Doris Leuthard EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker weitere 1,3 Milliarden Franken, ohne irgendwelche Garantien von Brüssel, was den Finanzmarkt betrifft.
«Äquivalenz»
Die Schweiz wartet seit Monaten darauf, dass die EU unsere Regulierung des Finanzmarktes als «gleichwertig» anerkennt. Die sogenannte «Äquivalenz» ist eine Bedingung, damit Schweizer Banken weiterhin im EU-Raum tätig sein können.
Einzig im kleinen Teilbereich der Börsen hat Juncker in Aussicht gestellt, die EU-Kommission werde das Thema am 8. Dezember behandeln, ohne irgendetwas zuzusichern. Zu anderen Aspekten würden die Gespräche fortgesetzt.
Wir hätten sehr viel mehr nötig gehabt. Den Marktzutritt. Das ist nicht behandelt worden.
«Das genügt nicht», sagt dazu jetzt Finanzminister Ueli Maurer: Es werde nur das in Aussicht gestellt, was die Schweiz eigentlich bisher bereits hatte. «Wir hätten sehr viel mehr nötig gehabt. Den Marktzutritt. Das ist nicht behandelt worden. Das ist auf der langen Bank.»
Aus Bankensicht herrsche nach dem Treffen Leuthard-Juncker weiterhin «Rechtsunsicherheit», kritisiert auch die Bankiervereinigung in einem neuen Positionspapier.
Bilateral verhandeln
Maurer hält zu den vagen Aussagen Junckers fest, dass man von der EU-Kommission eigentlich schon etwas mehr erwartet habe. Die Schweiz werde nun vor allem mit den wichtigen Nachbarländern weiter versuchen, diesen Marktzugang etwas besser zu erhalten als jetzt.
Einzig mit Deutschland besteht derzeit ein bilaterales Abkommen, das den Marktzugang für Schweizer Banken garantiert. Die Zeit drängt. Bereits Ende 2018 laufe im wesentlichen Bereich der Derivate-Regulierung die bisherige Anerkennung der EU aus, warnt die Bankiervereinigung.
Man vertröstet uns immer wieder etwas mit Brexit und sagt, wir lösen jetzt London und dann schauen wir wieder mit euch.
Nach den Worten Maurers ist die Zeit eigentlich bereits abgelaufen. «Wir hätten das angestrebte Ziel bereits in der Vergangenheit erreichen sollen.» Nur habe die EU keine Hand geboten.
«Wir versuchen, möglichst in kleinen Schritten, das jetzt zu erreichen», so Maurer. Aber die Aussichten seien nicht rosig, denn die Schweiz sei auch ein wichtiger Konkurrent der Finanzplätze in Europa. «Doch man vertröstet uns immer wieder etwas mit Brexit und sagt, wir lösen jetzt London und dann schauen wir wieder mit euch.»
Arbeitsplätze in Gefahr
Finde man nicht rasch Lösungen, so der Finanzminister, könnte das für den Schweizer Bankenplatz verheerende Folgen haben: In der Tendenz würden dann Banken gezwungen sein, diese Geschäfte im EU-Raum abzuwickeln. Das könne die Verlagerung von Arbeitsplätzen aus der Schweiz in den EU-Raum bedeuten. «Das gilt es zu verhindern, denn wir wollen die Geschäfte ja in der Schweiz machen», erklärt Maurer.
Nach den Aussagen Maurers stellt sich die Frage, weshalb der Bundesrat der EU 1,3 Milliarden Franken zugesichert hat, ohne konkretere Resultate erhalten zu haben. Von Bundesratssprecher André Simonazzi war dazu bis zur Stunde keine Stellungnahme erhältlich.