140 Fussballfelder. So viel Waldfläche ist im Moment vom Brand im Oberwallis betroffen. Einsatzkräfte kämpfen seit Montag gegen die lodernden Flammen an. Noch sind sie nicht unter Kontrolle.
Doch wie geht es dem Wald, wenn die aktuell etwa 300 Brandherde gelöscht sind? Ist er zerstört oder tut es der Natur gar gut? Die bekanntesten Feuertheorien im Check:
1. Der Wald ist nach einem Brand komplett zerstört
«Das stimmt nicht immer», sagt Feuerökologe Johann Georg Goldammer. Er beobachtet Wald- und Landschaftsbrände weltweit. Es gebe tatsächlich Waldbrände, bei denen die Vegetation weitgehend vernichtet worden sei.
Aber es existierten in den Tropen oder auf der Nordhemisphäre auch Landschaften, die sich über Jahrtausende durch Blitzschläge oder ähnliche natürliche Feuer entwickelt hätten. Diese Feuer gehörten zum festen Ökosystem dazu und seien deshalb nicht immer zerstörerisch, so Goldammer.
2. Ein Waldbrand tut der Natur gut
Das könne man so nicht sagen, meint Goldammer. Bei Waldbränden gebe es Gewinner und Verlierer: «Gewinner sind vor allem Pflanzen-, Gras- und Baumarten, die eine Widerstandsfähigkeit gegen Brände haben», so der Feuerökologe. Diese setzten sich durch, während feuerempfindliche Arten verschwinden. Dem pflichtet Waldbrandexperte Marco Conedera bei: «Für die Natur ist ein Waldbrand eine Störung.» Es sei einerseits eine Räumung bestehender Arten und gleichzeitig eine Chance für neue, sagt Conedera von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL).
3. Es brennt immer öfters auf der Welt
Erst seit 30 Jahren existierten zuverlässige Daten, die Brände weltweit erfassten. Deshalb wisse man nicht genau, ob es heute mehr oder weniger brennt, so Goldammer. Aber: «In der jüngeren Zeit sehen wir – und gerade auch im Jahr 2023 – Feuer dort, wo sie in den letzten 30 Jahren nicht gebrannt haben. Das ist ein Hinweis, dass wir mehr Feuer und mehr Probleme durch das Feuer bekommen», sagt Goldammer.
4. Der Waldbrand in Bitsch war Brandstiftung
Es sei noch zu früh, um über irgendwelche Brandursachen zu sprechen, sagte die Sprecherin der Walliser Polizei, Adrienne Bellwald, an einer Medienkonferenz am Dienstag. Die Staatsanwaltschaft Oberwallis habe jedoch eine Untersuchung eingeleitet.
Fakt ist: 90 Prozent aller Waldbrände in der Schweiz sind menschengemacht – durch unvorsichtiges Verhalten oder Brandstiftung. Brandstiftung ist dabei äusserst selten. «In aller Regel sind Waldbrände auf Unachtsamkeit und Fahrlässigkeit zurückzuführen», schreibt der Brandermittlungsdienst der Kantonspolizei Zürich auf Anfrage.
5. Feuerstellen mit Grenzsteinen schützen vor Waldbrand
«Bei selbstgebastelten Lagerfeuern überschätzt man die Sicherheit», erklärt Waldbrandexperte Conedera. Ein Feuer könne durch einen Funken mit dem Wind weiterverbreitet werden oder sogar über eine Woche im Unterboden weiter schwelen und sich neu entfachen. Der Experte rät, auch den Boden mit Steinen zu schützen, nicht nur die Ränder.
6. Eine Glasscherbe kann einen Waldbrand auslösen
Um Waldbränden vorzubeugen, hat der TCS eine Verhaltensliste auf seiner Website aufgeschaltet, unter anderem: «Keinen Abfall liegen lassen, auch herumliegende Glasscherben können aufgrund der Sonneneinstrahlung einen Brand verursachen.» Stimmt das?
Ein Feldversuch im Jahre 2006 in Deutschland hat ergeben: Trotz optimalen Bedingungen konnten Glasscherben nichts entzünden. Und auch Feuerökologe Goldammer glaubt nicht daran: «Ursache für Brände sind diese Scherben nicht.» Übrigens: Auch dem Brandermittlungsdienst der Kapo Zürich ist kein Brand bekannt, welcher auf eine Glasscherbe zurückzuführen ist.