Bei den Verhandlungen der Schweiz mit der EU soll der Schutz vor Lohndumping nach dem Willen des Bundesrats eine «rote Linie» bleiben. Das bisherige Niveau müsse erhalten bleiben. Wie das gehen könnte, will die Landesregierung im Sommer mit Sozialpartnern und Kantonen ausloten.
«Die flankierenden Massnahmen sind eine Grundlage für den Arbeitnehmerschutz und wir stehen dazu, dass dieser Schutz eigenständig im Schweizer Recht festgelegt werden muss», sagt Arbeitgeberpräsident Roland Müller gegenüber SRF News und verweist auf die besonderen Verhältnisse im Hochlohnland Schweiz. Dies werde der «Prüfstein» in den Verhandlungen auch mit der EU sein.
Müller: Grundsätzliche Fragen sind offen
Entsprechend wichtig sei es, dass der Bunderat nun Sozialpartner und Kantone an den Tisch hole, um hinter verschlossenen Türen zu diskutieren. Eine Auslegeordnung sei nötig, um überhaupt zu wissen, was die EU im Detail wolle und wo die Probleme seien. «Es ist noch nicht klar, ob die EU den Grundsatz akzeptiert, dass die Schweiz einen eigenständigen Arbeitnehmerschutz regeln kann», betont Müller. Erst danach könne über Lösungsansätze bei einzelnen Massnahmen diskutiert werden.
«Bei den flankierenden Massnahmen gibt es für uns keinen Spielraum», bekräftigt dagegen Unia-Präsidentin Vania Alleva. Die Löhne müssten weiterhin wirksam geschützt werden können. Dies gelte auch für die anstehenden Gespräche zwischen Sozialpartnern, Kantonen und Bundesrat: «Auf Gespräche treten wir gerne ein. Im Wissen, dass es diese rote Linie gibt. Für uns gibt es keinen Verhandlungspsielraum.»
Ist die Acht-Tage-Regel verhandelbar?
Die Gewerkschaften machen auch ihre Zustimmung zum Rahmenabkommen mit der EU von den flankierenden Massnahmen abhängig. Ist das nicht Wasser auf die Mühlen der SVP, welche das Abkommen strikt ablehnt? Alleva betont, dass die Gewerkschaften die Zustimmung zu den Bilateralen immer von wirksamen flankierenden Massnahmen abhängig gemacht hätten. Die Acht-Tage-Regelung, also die Vorausmeldefrist von acht Tagen für arbeitswillige Firmen aus dem EU-Raum, sei dabei ein Herzstück und zentral.
Laut Arbeitgeberpräsident Müller müssen bei der Acht-Tage-Regelung Alternativen für einen wertgleichen Arbeitnehmerschutz geprüft werden. Je kürzer die Anmeldefristen, desto rascher müssten die Kontrollen vor Ort erfolgen. Diesbezüglich habe sich aber auch die Technik weiterentwickelt. Die Acht-Tage-Frist sei aber nur eines von verschiedenen Themen.
Müller kann sich vorstellen, dass in anderen Bereichen zusätzliche Massnahmen gefunden werden, um den bisherigen Arbeitnehmerschutz gewährleisten zu können. Kreuz-Kompromisse seien aber für die Arbeitgeber kein Lösungsansatz.
Alleva: «Für uns gibt es keinen Verhandlungspsielraum»
Für kleine Zückerchen, wie etwa die von den Gewerkschaften seit langem geforderte Vereinfachung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Gesamtarbeitsverträgen, ist Alleva nicht zu haben. Es gebe eine ganze Reihe von Verbesserungsmöglichkeiten, etwa Massnahmen zur Erleichterung der Kontrollen. Das alles aber habe überhaupt nichts mit dem Rahmenabkommen zu tun.