Die ukrainischen Geflüchteten sollen in der Schweiz am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, sich integrieren und Arbeit finden. Doch eine Stelle zu finden, ist für viele nicht einfach. Nur gerade knapp 23 Prozent gehen zur Zeit einer Arbeit nach. Vier von zehn sollen es nach dem Willen des Bundesrats bis Ende Jahr sein.
Das wird sicher kein Spaziergang, dieses Ziel zu erreichen.
Das werde sicher kein Spaziergang, bemerkt Nicole Gysin, stellvertretende Leiterin Innenpolitik bei der Konferenz der Kantonsregierungen. Und für einige Kantone dürfte der Weg steiniger werden als für andere. Die kantonalen Unterschiede bei der Erwerbsquote von ukrainischen Flüchtlingen sind riesig.
Vor allem in der Romandie und im Tessin ist die Quote tief. In Genf etwa geht nur einer von zehn Ukraine-Flüchtlingen einer Arbeit nach. Kleine Kantone wiederum, in denen einige wenige Arbeitgeber dominieren, weisen dafür teils extrem hohe Quoten auf. So arbeiten etwa im Kanton Appenzell Innerrhoden über 51 Prozent der ukrainischen Flüchtlinge.
Gar nicht so viele wurden über das RAV vermittelt, sondern kamen über eigene Netzwerke und persönliche Kontakte zu einer Arbeit.
Als Vorzeigekanton gilt Zug mit einer Quote von über 32 Prozent. Doch auch Zug hat noch kein Geheimrezept für eine höhere Erwerbsquote bei ukrainischen Flüchtlingen gefunden. Dort wurden Arbeitswillige bald nach Kriegsausbruch in RAV-Zentren aufgenommen und die Behörde suchte dann eine Stelle für sie.
Im Nachhinein zeigte sich dann aber, dass gar nicht so viele über das RAV vermittelt wurden, sondern über selbst aufgebaute Netzwerke und persönliche Kontakte, die die ukrainischen Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in der Schweiz schnell knüpfen konnten. Auch die vielen internationalen Firmen im Kanton Zug hätten zur vergleichsweise hohen Erwerbsquote beigetragen, sagt Bernhard Neidhardt, Leiter des Amtes für Wirtschaft und Arbeit.
Wenn Landwirtschaft und Gastgewerbe dominieren
Gemäss der Konferenz der Kantonsregierungen ist die Wirtschaftsstruktur der Kantone denn auch der Hauptgrund für die kantonalen Unterschiede. In Kantonen mit höherer Arbeitslosigkeit finden ukrainische Flüchtlinge weniger leicht eine Stelle.
Die Menschen möchten schon arbeiten. Doch dafür müssten sie zum Teil ihre ursprüngliche Ausbildung vergessen.
Noch sehr weit vom Ziel des Bundesrats entfernt ist etwa der Kanton Wallis, wo die Quote aktuell bei knapp 16 Prozent liegt. 40 Prozent bis Ende Jahr seien sehr unrealistisch, erklärt Roger Fontannaz, zuständig für die Koordination des Asylwesens.
Im Kanton Wallis gibt es vor allem Jobs in der Landwirtschaft oder im Gastgewerbe. Doch viele ukrainische Flüchtlinge hätten eine akademische Ausbildung. «Die Menschen möchten schon arbeiten. Doch dafür müssten sie zum Teil ihre ursprüngliche Ausbildung vergessen. Da ist es manchmal schwer, die Leute zu überzeugen», berichtet Fontannaz.
Aufenthaltsbewilligung als möglicher Anreiz?
«Es braucht einen Zusatzeffort von allen Beteiligten, auch von den Arbeitgebern und Arbeitnehmenden», bilanziert auch Nicole Gysin von der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK). Hoffnung macht ihr eine Ankündigung von Justizminister Beat Jans. So will er prüfen, ob Personen mit Schutzstatus S eine Aufenthaltsbewilligung erhalten sollen, wenn sie erwerbstätig sind und keine Sozialhilfe beziehen.
Das wäre ein guter Anreiz für die Geflüchteten und gäbe den Arbeitgebern eine längerfristige Perspektive. Aber auch dann dürfte es äusserst schwierig werden, die Erwerbsquote ukrainischer Geflüchteter rasch und deutlich zu erhöhen.