Leslie Schnyder hadert mit sich selbst. Eigentlich freut sie sich auf die Ferien. Aber: «Wir kaufen Bio, wie fahren möglichst wenig mit dem Auto – und jetzt haben wir uns einen Traum erfüllt und fliegen weit weg.» Sie fliegt nach Hawaii, «und das hat mir ein bisschen ein schlechtes Gewissen verursacht».
Und so zückte Leslie Schnyder die Kreditkarte. 320 Franken kostet es, die 10 Tonnen CO2 für den Flug von Zürich nach Honolulu zu kompensieren. Dieses Geld wird für Klimaschutzprojekte genutzt. Zum Beispiel werden Wälder in Nicaragua aufgeforstet oder effizientere Öfen in Kenia gebaut.
Nur jeder 20. Passagier macht mit
Wie Leslie Schnyder geht es momentan vielen Schweizerinnen und Schweizern. Der Kompensations-Anbieter MyClimate verzeichnete 2018 schon ein Rekordjahr. Doch 2019 gehen die Buchungen für CO2-Kompensationen geradezu durch die Decke.
«Über die ersten sechs Monate 2019 betrachtet haben wir ein Wachstum bei unseren online zugänglichen Rechnern von ungefähr 400 Prozent», sagt MyClimate-Sprecher Kai Landwehr.
400 Prozent mehr Kompensation-Zukäufe sind ein markantes Wachstum. Das ändert jedoch nichts daran, dass jene Passagiere, die freiwillig Geld für den Klimaschutz ausgeben, noch immer in der Minderheit sind. Schätzungen gehen davon aus, dass weniger als fünf Prozent der Passagiere ihren CO2-Ausstoss kompensieren.
Balsam fürs Gewissen
Deshalb möchten grosse Fluggesellschaften wie die Lufthansa die CO2-Kompensation vereinfachen, sodass ein Mausklick reicht und sie genauso einfach dazu gebucht werden kann wie ein zusätzliches Gepäckstück.
Geld zahlen und trotzdem um die Welt fliegen? Darüber, wie viel die CO2-Abgaben wirklich bewirken, gehen die Meinungen auseinander. Für Leslie Schnyder ist klar, dass sie es wieder tun wird, auch wenn die Gewissensbisse nicht ganz verschwunden seien.
Es gab mir das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben.
«Natürlich nicht ganz», lacht sie. Wenigstens habe sie ein gutes Gefühl, «auch wenn es vielleicht nur ein Tropfen auf den heissen Stein ist. Es gab mir das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben.»