Heute bestellt, morgen geliefert. Die Regale der Supermärkte sind immer voll mit Tausenden Produkten. Was heute normal ist, hat auch seine Schattenseiten. «Wir hinterlassen kommenden Generationen nur Betonklötze!», sagt ein aufgebrachter Ywan Schürmann. Der 64-Jährige ist in Egerkingen aufgewachsen.
Schürmann hat erlebt, wie seine Heimat sich radikal verändert hat. Die einstige Kornkammer der Schweiz wurde zum Logistikhub. Wo früher Landwirtschaft dominierte, steht heute eine Lagerhalle neben der anderen.
Das Gäu früher und heute
Die Lagerhallen brächten gleich eine Reihe von Problemen mit sich. Schürmann stört sich an den oft wenig ansprechenden Gebäuden, die das Landschaftsbild zerstörten. Weiter gibt es viel Verkehr, der von den Logistikbetrieben ausgeht. «Vom CO2-Ausstoss haben wir heute schon schlechte Luft. Wenn alles gebaut wird, was geplant ist, dann erhalten wir nur noch mehr Verkehr und noch mehr Lärm.»
Stimmen wie diejenige von Ywan Schürmann wurden in den letzten Jahren lauter. Denn die Region um das Autobahnkreuz von A1 und A2 im Kanton Solothurn hat sich zum Umschlagplatz der Schweiz entwickelt.
Logistikbetriebe so weit das Auge reicht
Der Hauptgrund ist die Verkehrsanbindung. Von hier sind Lastwagen per Autobahn rasch in Basel, Bern, Luzern und Zürich. Und auch die Westschweiz ist relativ nah. Dazu kommt, dass der Bahnknoten Olten nahe ist und so Güter auch per Bahn schnell in der ganzen Schweiz sind.
Diesen idealen Standort nutzen zig Unternehmen: Post, Coop, Migros, Planzer, Dreier, Meier Tobler, Camion Transport, Emil Egger, Murpf und andere haben innerhalb von wenigen Kilometern ihre Logistikzentren gebaut.
Die Logistikbetriebe profitieren dabei teilweise von der Industriepolitik der 1970er-Jahre. Damals wurde viel Landwirtschaftsland entlang der Autobahnen der Industriezone zugewiesen. Es gibt deshalb heute noch viel freies Industrieland. Dieses wird zwar landwirtschaftlich genutzt, darf rechtlich gesehen aber überbaut werden. Was Ywan Schürmann und anderen Kritikern Angst macht: Es gibt viele weitere geplante Logistikprojekte.
Geplante Logistikzentren
Für die Landwirtschaft in der Region ist die Entwicklung dramatisch. «Wir haben hier in der Region Betriebe, die um die Existenz kämpfen», sagt Christoph Haefely, Präsident des regionalen Bauernverbands. «Es ist ungewiss, ob kommende Generationen die Bauernhöfe noch übernehmen wollen, wenn immer mehr Land verschwindet.»
Natürlich gibt es auch Profiteure der Entwicklung. Unbebautes Land ist ein gefragtes Gut geworden. Wer solches besitzt, kann sich Hoffnungen auf Verkauf machen. Auch Gemeinden profitieren, wenn sie Land besitzen oder wenn Land umgezont wird und eine Abgabe fällig wird. Es geht teils um Millionenbeträge. Natürlich zahlen die Logistikbetriebe auch Steuern.
Jeder vierte Arbeitsplatz in der Logistik
Ausserdem sind die Logistikbetriebe Arbeitgeber. So arbeiten im Kanton Solothurn mehr als 10'000 Personen in der Branche. In der Region rund ums Autobahnkreuz Härkingen ist das jeder vierte Arbeitsplatz. Jobs, die im wirtschaftlich schwach aufgestellten Kanton Solothurn gefragt sind.
Somit kämpfen die Kritikerinnen und Kritiker der Lagerhallen auch gegen Interessen aus der Industrie an. Und gegen die Ansprüche der Konsumentinnen und Konsumenten, wie Bauer Christoph Haefely sagt: «Wenn jedes Produkt immer verfügbar sein muss, dann braucht das extrem grosse Lagerflächen.»