«Der Kanton St. Gallen macht an der Grenze Sisyphus-Arbeit», sagt der St. Galler Sicherheitsdirektor Fredy Fässler. Grund sind die vielen minderjährigen und jungen Migranten, die seit rund zwei Monaten von Österreich in die Schweiz einreisen. Hier wollen sie aber gar nicht bleiben. Sie tauchen sofort unter und möchten nach Frankreich.
Schlepper bringen die jungen Männer an die Grenze
Sie kommen mit dem Zug. Manchmal sind es über 60 Personen – fast ausschliesslich minderjährige Männer –, die von Schleppern in die Schweiz gebracht werden. Die Migranten kämen alleine, seien meist gepflegt, ohne Gepäck und im Besitz eines Handys und etwas frisch gedrucktem Geld. Dies deute auf Schlepperbanden hin, meint Regierungsrat Fässler. Der Kanton St. Gallen könne nur zuschauen und sich an die Vorgaben halten.
Wenn der Winter mit voller Härte eintreffe, werde der Flüchtlingsstrom abbrechen, sagt Daniel Bach vom Staatssekretariat für Migration (SEM) an einer Medienorientierung des Kantons St. Gallen. Dann werde der Kanton wieder etwas entlastet. In den kommenden Wochen rechnet Bach noch einmal mit einer Zunahme. Es sei ebenfalls unklar, was im Frühling passieren werde. Es sei dann aufgrund der vielen Geflüchteten mit einer weiteren Welle zu rechnen.
Verhandlungen seit zwei Jahren blockiert
Seit zwei Jahren verhandelt die Schweiz mit Österreich über eine schnellere Rückübernahme. So, wie sie dies auch schon mit Italien vertraglich geregelt hat. «Die aktuellen politischen Veränderungen in Österreich sind nicht gerade gute Voraussetzungen für schnelle Vertragsabschlüsse», sagt Regierungsrat Fredy Fässler. Der Kanton betreibe einen riesigen Aufwand, um Gesuche nach Österreich zu schicken, die am Schluss zwecklos seien.
Notunterkünfte werden nicht genutzt
An der Grenze im St. Galler Rheintal wurde ein Zentrum eingerichtet, in welchem Verfahren zeitnah abgewickelt werden können. Der Kanton stellt Notunterkünfte zur Verfügung, die jungen Afghanen nutzen diese allerdings nicht. Sie werden wohl dorthin gebracht, tauchen nachher aber ab, so Regierungsrat Fässler.
Eine illegale Einreise ist kein Grund, jemanden in Haft zu nehmen.
Eine illegale Einreise sei kein Grund, jemanden in Haft zu nehmen. Immerhin werde jetzt geschaut, dass die Kantonspolizei nicht alles selbst machen müsse. Deren Kapazitäten seien beschränkt. Die Transporte und Betreuungsaufgaben werden deshalb extern vergeben, Personen aus dem Migrationsamt werden eingebunden.
Internationale Zusammenarbeit als Ziel
Einfach weiterziehen lassen geht nicht, auch wenn klar scheint, dass die jungen Afghanen Frankreich als Ziel haben. «Die Schweiz hat völkerrechtliche Verpflichtungen und darf illegale Grenzübertritte nicht akzeptieren», sagt Fässler. Sonst schliesse Frankreich möglicherweise die Grenzen.
Seitens des Kantons St. Gallen wird gewünscht, dass Österreich seinerseits Hilfe anbietet. Die meisten Flüchtenden aus Afghanistan haben österreichische Dokumente bei sich. In denen steht, dass sie ein bestimmtes Gebiet nicht verlassen dürfen. Österreich hätte also die Handhabe, um schon vor der Schweizer Grenze Menschen zu kontrollieren und gar nicht erst in die Schweiz ausreisen zu lassen.
Monat 2021 |
Afghanische Migranten |
Übergabe zwecks Rückführung |
Wegweisung (kein Asylgesuch) |
Asylgesuch (SEM) |
Januar | 31 | 11 | 14 | 6 |
Februar | 7 | 2 | 3 | 2 |
März | 22 | 2 | 24 | 6 |
April | 54 | 13 | 20 | 21 |
Mai | 56 | 6 | 30 | 20 |
Juni | 54 | 35 | 11 | 8 |
Juli | 245 | 167 | 45 | 33 |
August | 446 | 266 | 162 | 18 |
Die Zahl der Flüchtlinge und Migranten dürfte laut Bundesamt für Migration in den nächsten Monaten weiter steigen.