Festtage sind Tage des Essens. Problematisch wird es, wenn die Hälfte des gekauften Fleisches weggeworfen wird, weil es zu viel war, wenn die Guetzli im Januar zu hart sind, um noch gegessen zu werden, und die Raclette-Reste anfangen zu schimmeln.
Laut dem Bundesamt für Umwelt werden in der Schweiz 2,3 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen – das ist eine Mahlzeit pro Person und Tag. Knapp die Hälfte davon geht auf Abfall zurück, den jeder von uns zu Hause wegwirft. Foodwaste-Forscher Claudio Beretta erklärt, was im Kleinen getan werden kann – und im Grossen getan werden muss.
SRF News: Kaufen wir einfach falsch ein?
Claudio Beretta: Es gibt viele kleine Ursachen für Foodwaste. Dass wir zu viel einkaufen, ist aber ein Schlüsselaspekt. Wir haben in der Schweiz die Möglichkeit, mehr zu kaufen als wir tatsächlich brauchen. Das Angebot, die Verführung ist riesig und wir können es uns schlichtweg leisten. Weil wir immer noch relativ wenig fürs Essen ausgeben.
Was kann jede und jeder Einzelne besser machen, damit wir nicht so viel Essen wegwerfen müssen?
Wir gehen oft hungrig einkaufen. Und während dem Einkaufen nimmt dieser Hunger eher noch zu – wegen all der guten Dinge, die man sieht. Oft bieten die Läden sehr grosse Einkaufswagen an, die dazu einladen, viel mehr einzupacken als man tatsächlich braucht.
Es ist also enorm hilfreich, wenn man vor dem Einkauf in den Kühlschrank schaut und sich aufschreibt, was man in den nächsten Tagen Essen kann und damit tatsächlich braucht.
Es gibt nationale und kantonale Kampagnen gegen Foodwaste, Restaurants, die Reste verwerten oder öffentliche Kühlschränke für das Essen, das man nicht mehr braucht. Braucht es mehr Gesetze?
Es gibt tatsächlich viele Pilotprojekte und Eigeninitiativen gegen Foodwaste. Diese bewirken viel und sensibilisieren die Menschen. Sie können aber nicht im grossen Massstab Lebensmittelverschwendung reduzieren. Die Frage ist also berechtigt, wie man von einzelnen Leuchtturmprojekten zur grossen Masse kommt.
Es gibt verschiedene Meinungen darüber, inwiefern Gesetze und Anreize hilfreich wären. In Frankreich beispielsweise hat man ein Gesetz eingeführt, dass Detailhändler ab einer gewissen Grösse zu einem Vertrag mit Spendenorganisationen verpflichtet, um Lebensmittel an diese weiterzugeben.
Und in der Schweiz?
In der Schweiz ist man viel zurückhaltender mit Regulierung und will zunächst versuchen, auf dem freiwilligen Weg etwas zu erreichen. Das finde ich gut so.
Alle Akteure der Lebensmittelkette müssen Massnahmen mit Überzeugung umsetzen und nicht, weil sie das Gesetz dazu zwingt.
Alle Akteure der Lebensmittelkette müssen Massnahmen mit Überzeugung umsetzen und nicht, weil sie das Gesetz dazu zwingt. Das kann dazu führen, dass man eine Hintertüre sucht und Foodwaste dann auf diesem Weg geschieht. In Anbetracht der Dramatik des Problems dürfte man aber doch mehr Druck aufsetzen. Man könnte etwa Anreize schaffen, damit es billiger ist Lebensmittel zu spenden als sie in den Abfall zu werfen.
Das Gespräch führte Linda von Burg.