Der Aufschrei in der Region Basel ist gross. Die Befürchtung: Mit schärferen Einreisebedingungen werden Grenzgängerinnen und Grenzgänger und deren Firmen benachteiligt.
Es sei unvorstellbar, 35'000 Grenzgänger in der Region Basel alle drei Tage zu testen, sagt der Basler Volkswirtschaftsdirektor Christoph Brutschin (SP). Für ein KMU wie beispielsweise ein Malerbetrieb sei dies kaum umsetzbar. «Die Idee ist unausgegoren und verkennt die Situation, wie wir hier leben», sagt Brutschin auf Anfrage und hält nicht zurück mit Kritik an den Parteipräsidenten: «Diese wären am Sonntag bei dem schönen Wetter besser spazieren gegangen, als solche Ideen zu lancieren.»
Die Idee ist unausgegoren und verkennt die Situation, wie wir hier leben.
Auch von Bundespolitikerinnen aus dem Kanton Baselland gibt es Kritik: «Die Region Basel ist ein Wirtschafts- und Lebensraum, wo Zehntausende täglich die Länder wechseln. Die Reisefreiheit darf nicht eingeschränkt werden», schreibt etwa Ständerätin Maya Graf (Grüne) auf Twitter.
Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (Die Mitte) äussert sich ebenfalls kritisch. «Wie soll das umgesetzt werden?», fragt sich Schneider-Schneiter und an die Adresse der Parteipräsidenten schreibt sie: «Ich lade euch gerne mal an unsere Grenze ein.»
Bedenken in der Region Basel haben auch Arbeitgeber mit einem hohen Anteil an Grenzgängerinnen und Grenzgängern, beispielsweise das Universitätsspital Basel. Konkret wolle man sich zu dem Thema nicht äussern, weil es sich hier um ein übergeordnete nationale politische Frage handle, sagt Mediensprecher Nicolas Drechsler. Aber: «Wir sind darauf angewiesen, dass die Mitarbeitenden so reibungslos wie möglich ihren Arbeitsplatz erreichen», schreibt Drechsler. Am Unispital machten Grenzgänger ein Viertel der Belegschaft aus.
Für eine Testung der Grenzgängerinnen und Grenzgäner spricht sich indes die Basler GLP-Nationalrätin Katja Christ aus. «Damit können wir die Grenzen ja eben offen halten, auch weil wir verhindern können, dass es zu grossen Ausbrüchen kommt. Das ist auch im Sinn der Unternehmen in der Region.»
Aufregung in der Romandie ...
Wenig erfreut über das von den Parteispitzen geforderte Grenz- und Testregime ist man in der Romandie, vor allem im Kanton Genf. Hier herrschte bereits letzten Donnerstag grosse Aufregung, nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag angekündigt hatte, dass ab Sonntag für die Einreise nach Frankreich alle Personen einen negativen Test brauchen. Am Freitag hiess es dann aus Paris, dass diese Einschränkung nicht für Grenzgänger gelte und nur für Flugpassagiere. Die Aufregung in der Romandie legte sich daraufhin wieder.
... Zustimmung im Tessin
Im Tessin dagegen fordern Politiker aus unterschiedlichen Parteien und auch die Kantonsregierung schon seit längerem eine Verschärfung der Einreisebedingungen. Um Einreisende noch besser kontrollieren zu können, verlangt der Staatsrat vom Bund sogar, dass kleinere Grenzübergänge wieder ganz geschlossen werden sollen.
So wie im Frühling 2020, wo der Südkanton wegen der Nähe zu Italien von der Corona-Pandemie besonders getroffen wurde. Sorgen, dass die «Frontalieri», also die Grenzgänger, mit einer Verschärfung nicht mehr ins Tessin kommen, macht man sich im Tessin kaum. Denn schon im Frühling hatte sich gezeigt, dass trotz geschlossener Grenzen die auch für das Gesundheitswesen wichtigen Arbeitskräfte einreisen konnten.