Am Wochenende haben Wissenschaftler des medizinischen Instituts IRCCS in Candiolo bei Turin bekannt gegeben, sie hätten in Zusammenarbeit mit dem Italian Institute for Genomic Medicine mit B.1.1.39 eine «Schweizer Variante» des Coronavirus sequenziert. Nachgewiesen worden sei sie bei einem 57-jährigen italienischen Patienten, der bereits früher mit dem Coronavirus infiziert gewesen sei. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Schweizer Mutante.
Seit wann existiert die Schweizer Variante? Es ist keine neue Variante, der erste Nachweis erfolgte bereits im April 2020. Das spricht auch eher dagegen, dass die Mutante sehr gefährlich ist. Eine besonders ansteckende Variante wäre in dem Zeitraum vermutlich längst dominant geworden. Der Nachweis im Piemont ist auch nicht das erste Mal, dass die Variante ausserhalb der Schweiz nachgewiesen wurde.
Warum wird sie als Schweizer Variante bezeichnet? Ein Grossteil der Einträge für diese Mutante in einer internationalen Datenbank für Coronavirus-Varianten stammt aus der Schweiz: 69 Prozent. So begründen die italienischen Forscher ihre Namensgebung.
Wie gefährlich ist B.1.1.39? Es gibt bisher keinen offensichtlichen Grund anzunehmen, dass sie gefährlicher ist als andere. Sie hat weder den Status «besorgniserregend» wie etwa die britische Variante B.1.1.7, noch die einer Variante, die unter Beobachtung steht, wie etwa die indische Variante B.1.617. Warum die italienischen Forscher davon ausgehen, dass sie genauso ansteckend sein könnte wie die britische Variante, wird aus den bisherigen Medienberichten nicht klar.
Kann man sich mit B.1.1.39 anstecken, wenn man bereits an Corona erkrankt war? Die italienischen Forscher berichten laut Medien, dass sie die Variante in einem Patienten gefunden haben, der zum zweiten Mal infiziert war. Das klingt erst einmal bedrohlich. Solche Reinfektionen gab es aber auch schon vor dem Aufkommen neuer Varianten immer wieder – allerdings nur als Einzelfälle. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass das jetzt mehr als ein Einzelfall wäre.
Wenn die Schweizer Variante weltweit gesehen zu 69 Prozent in der Schweiz auftaucht: Wieso weiss man erst jetzt von ihr? Die Variante ist alles anderes als neu. Aber das Medieninteresse an Varianten ist gestiegen. Varianten gibt es, seit es das Coronavirus gibt. Das hat lange kaum für öffentliche Reaktionen gesorgt, weil die Varianten das Verhalten des Virus kaum verändert haben.
Inzwischen gibt es mit der britischen, brasilianischen und südafrikanischen Mutante aber Varianten, die sich tatsächlich anders verhalten als die Ursprungsvariante und die den Verlauf der Pandemie beeinflussen können – weil sie ansteckender sind, oder die Wirkung von Impfstoffen abschwächen.
Die Schweizer Variante hat aber – nach allem, was man bis jetzt weiss – den Weg in die Medien gefunden, ohne dass es dafür einen handfesten, sachlichen Grund gibt. Die Basler Forscherin Emma Hodcroft twittert dazu, dass es mehr Information brauche – etwa darüber, ob es sich um einen neuen Subtypen handele. Alles andere fördere nur Spekulation.