Zum Inhalt springen

Frauenanteil bei der Polizei «Polizistin zu werden, war ein Kindheitstraum von mir»

Der Polizeiberuf ist in den letzten Jahren deutlich weiblicher geworden. Zu Besuch bei einer jungen Polizistin.

«Polizistin zu werden, war ein Kindheitstraum von mir», sagt die 27-jährige Lisa Wickihalter. Ihr Vater ist Polizist und habe ihr die Faszination für den Polizeiberuf quasi in die Wiege gelegt. Ihr gefällt, dass man den Arbeitstag beginne und nicht wisse, was einen an dem Tag erwartet: «Man wächst jeden Tag über sich hinaus und lernt immer wieder Neues.» Sie arbeitet seit rund drei Jahren bei der mobilen Polizei in Schafisheim im Kanton Aargau.

Polizistin vor Kantonspolizei Aargau Fahrzeug.
Legende: Lisa Wickihalter arbeitet seit 2022 bei der mobilen Polizei in Schafisheim (AG). Livia Middendorp

Dass sie sich im Einsatz als Frau bedroht oder nicht respektiert fühlt, komme kaum vor, sagt Wickihalter. An ein Erlebnis mag sie sich aber erinnern. Sie habe bei einer Verkehrskontrolle einen Autofahrer angehalten und dessen Ausweis verlangt. «Der Lenker hat nicht auf mich reagiert, obwohl er mich wahrscheinlich gehört hat.» Ihr Kollege musste dann übernehmen. Sie habe bis zum Schluss nicht herausgefunden, wieso der Lenker nicht mit ihr sprechen wollte.

Eine einzige Frau vor 30 Jahren

Bei der Aargauer Kantonspolizei werde nicht aktiv versucht, den Frauenanteil zu erhöhen, sagt Sprecher Bernhard Graser. Es kämen die besten Bewerberinnen und Bewerber zum Zug, unabhängig von Geschlecht. Doch er betont, dass Frauen für den Polizeiberuf genauso geeignet seien: «Es braucht zwar schon eine gewisse körperliche Robustheit, aber viel wichtiger sind charakterliche Eigenschaften: die Integrität, Intelligenz und Sozialkompetenz beispielsweise.»

Als Bernhard Graser selbst vor bald 30 Jahren bei der Kantonspolizei Aargau angefangen hatte, gab es erst eine einzige Frau im Team. Vor 20 Jahren waren es gut fünf Prozent und inzwischen liegt der Frauenanteil bei 23 Prozent.

Person in Uniform packt orange Warnweste in Umkleide.
Legende: Lisa Wickihalter packt ihre Tasche für den Einsatz. Livia Middendorp

Schweizweit lag der Frauenanteil in den Polizeikorps gemäss der Konferenz der kantonalen Polizeikommandantinnen und -kommandanten im letzten Jahr bei 24 Prozent. Der Anteil dürfte in den nächsten Jahren weiter steigen: Bei der Polizeischule in Hitzkirch im Kanton Luzern, die derzeit Polizistinnen und Polizisten von elf Kantonen ausbildet, bewegte sich der Frauenanteil in den letzten Jahren stets bei rund einem Drittel.

Die Tendenz sei leicht steigend, heisst es auf Anfrage. Verschiedene Kantone und Polizeikorps haben es sich zudem zum Ziel gesetzt, den Frauenanteil zu erhöhen. Sie sehen Vorteile darin, wenn vermehrt auch Polizistinnen im Einsatz stehen.

Sonja Gaxer ist Präsidentin der Vereinigung Schweizer Polizistinnen. Sie ist froh und diese Entwicklung. Es komme schliesslich immer wieder vor, dass Opfer lieber mit einer Frau sprechen möchten. Zudem komme es auch bei Einsätzen draussen auf der Strasse vor, dass Frauen eher eine deeskalierende Wirkung haben als ihre Kollegen.

Sonja Gaxer sieht noch Potenzial beim Frauenanteil in den Polizeikorps: rund ein Drittel oder bis zu 50 Prozent wäre eine gute Quote, findet sie. Sie begrüsst es daher, wenn sich die Polizeikorps und die Kantone bemühen, den Frauenanteil weiter zu erhöhen.

Echo der Zeit, 31.3.2025, 18:00 Uhr

Meistgelesene Artikel