Die Tochter fährt wöchentlich ins Fussballtraining auf der anderen Seite der Stadt, der Sohn in den Klavierunterricht – beide benutzen den Bus. Die jährlichen Kosten dafür: zweimal ein Jahresabo von rund 600 Franken, zusammen also gut 1200 Franken. Das fiktive Beispiel zeigt: Die Freizeitaktivitäten ihrer Kinder können ganz schön ins Portemonnaie gehen. Kein Wunder gibt es Eltern, die ihre Kinder lieber mit dem Auto hin- und herfahren. Oder die ihnen das Hobby gar verwehren müssen.
In Luzern soll dies künftig anders sein – dank einer massiven Vergünstigung der Abos für Kinder. Die Stadtregierung schlägt dafür ein Gutscheinsystem vor. Familien bekämen jährlich für jedes Kind von 6 bis 16 Jahren 300 Franken, die für Abos, Mehrfahrtenkarten oder Tageskarten benutzt werden können. Das Jahresabo würde also nur noch halb so viel kosten wie heute.
Kinder haben die Idee selbst lanciert
Auf die Idee ist die Stadtregierung nicht von selbst gekommen, sie stammt ursprünglich aus dem Luzerner Kinderparlament, das vor zwei Jahren starke ÖV-Vergünstigungen gefordert hatte. Dass die Idee jetzt von der Regierung unterstützt wird, freut Francesca Ambauen und Finn Krummenacher. Die beiden hatten als damalige Mitglieder des Kinderparlaments den Vorstoss lanciert.
Die heute 14-jährige Francesca Ambauen sagt: «Ich erhoffe mir natürlich, dass viele Kinder häufiger den ÖV benutzen werden und selbstständig zu ihren Freizeitaktivitäten oder zur Schule gehen können.» Und der 15-jährige Finn Krummenacher fügt an, es gehe auch um eine wichtige Erfahrung für später: «Wenn man früh den ÖV kennenlernt, wird man ihn später auch nutzen.»
Wenn man früh den ÖV kennen lernt, wird man ihn später auch nutzen.
Mit der Gutschein-Idee betritt die Luzerner Stadtregierung Neuland in der Schweiz. Deshalb sei auch schwierig abzuschätzen, ob die Gutscheine dann auch wirklich eingelöst werden: «Wir sind hier Vorläufer», sagt der zuständige Stadtrat Adrian Borgula, «deshalb können wir auch auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen.»
Eine Schätzung macht die Stadtregierung aber trotzdem. Sie rechnet mit jährlichen Kosten von fast 1.7 Millionen Franken. Das Projekt soll vorerst drei Jahre lang als Versuch laufen und ausgewertet werden.
FDP ist skeptisch: «Falsche Anreize»
Noch ist es aber nicht beschlossene Sache, definitiv entscheiden wird das Stadtparlament. Zumindest von bürgerlicher Seite gibt es auch skeptische Stimmen. Die Vergünstigung um 300 Franken sei «sehr hoch», sagt etwa FDP-Stadtparlamentarier Marc Lustenberger. «Das Geld wird mit der Giesskanne verteilt und setzt für uns falsche Anreize.»
Es handle sich ja «nicht primär um ein soziales Projekt», hält Stadtrat Adrian Borgula dem entgegen, «sondern vor allem um ein Förderprojekt für den öffentlichen Verkehr.» Deshalb soll es auch allen zugutekommen. In Luzern wären es 7400 Kinder, die von den Gutscheinen profitieren würden. Sagt das Parlament Ja, soll es mit dem Projekt bereits ab nächsten Sommer losgehen.