Mit 140'000 Unterschriften haben die Jungsozialisten ihre «Initiative für eine Zukunft» eingereicht. Sie verlangt, dass die Wirtschaft ökologisch umgebaut wird – finanziert durch eine Erbschaftssteuer für Superreiche. Die Juso-Initiative ist ein erneuter Aufschrei der Jungen für mehr Klimaschutz. Ansonsten scheint es ruhig geworden um die Klimajugend, die sich eben noch lautstark auf der Strasse fürs Klima eingesetzt hat.
Fragt man an einem schulfreien Nachmittag junge Menschen auf der Strasse, ist die Antwort eindeutig. «Der Klimaschutz ist sehr wichtig», sagt eine Teenagerin. «Es ist ein alltägliches Thema, das uns alle betrifft.» Ein Jugendlicher ergänzt: «Es wird sehr viel Strom verbraucht und ich möchte, dass meine Kinder später ein schönes Leben haben.» Das findet auch eine dritte Vertreterin der jungen Generation. «Wenn es so weitergeht, wird man irgendwann nicht mehr auf der Erde leben können.» Doch Szenen, wie es sie 2019 gab, sind heute nur noch eine ferne Erinnerung.
Inzwischen sorgen vielmehr einzelne Protestaktionen von ein paar wenigen Aktivistinnen und Aktivisten für Aufsehen. Das Echo ist fast durchwegs negativ. Es gibt zwar immer mal wieder Klimademonstrationen – sie locken aber nicht mehr diese Massen auf die Strasse wie damals.
Wir wurden desillusioniert und von der institutionellen Politik fallen gelassen.
Die Klimajugend scheint irgendwo zwischen Klimaklebern und Farbanschlägen vergessen gegangen zu sein. Cyrill Hermann, Sprecher bei Klimastreik Schweiz, sagt, es habe damals 2019 ein Momentum gegeben, das die Massen mobilisierte.
Zwar gebe es heute durchaus noch Neuanmeldungen von 14-Jährigen. Aber die Euphorie sei verblasst: «Unsere Stimmen von damals wurden nicht gehört. Wir haben auch nichts mehr in der Hand, mit dem wir Leute dafür begeistern könnten, auf die Strasse zu gehen. Wir wurden desillusioniert und von der institutionellen Politik fallen gelassen.»
Der Soziologe Sandro Cattacin forscht an der Universität Genf unter anderem zu Jugend und sozialen Bewegungen. Er sagt, man dürfe eines nicht vergessen: Die Schülerinnen und Schüler, die 2019 auf dem Bundesplatz sassen, waren damals Jugendliche. Heute gehen sie nicht mehr zur Schule – sind an Universitäten oder am Arbeiten. «Sie haben jetzt viel mehr Verantwortlichkeiten. Die Jugend von damals ist erwachsen geworden – und mit ihr der Protest.»
Covid, Krieg und neue Krisen
Die junge Generation sei durchaus immer noch sehr wachsam, was die Umwelt anbelangt, sagt Cattacin. Aber sie habe in der Zwischenzeit die Covid-Pandemie erlebt. Und auch Kriege und Krisen hätten die Klimathematik in den Hintergrund gedrängt. Doch die ganz grossen Themen, die die Jugend beschäftigen, seien seit den 1950er-Jahren immer dieselben: «Der Kampf gegen Diskriminierung, eine gesunde Umwelt, Frieden und Solidarität.»
Was die Form des Protests anbelange, wer wo mitmache – all das verändere sich – nicht aber die Grundthemen, die junge Menschen beschäftigen. Und hier gehöre das Klima mit dazu.