Immer wieder machen Klimaaktivistinnen und -aktivisten mit spektakulären Aktionen auf die Klimaerwärmung aufmerksam. Sie unterbrechen Sportveranstaltungen, blockieren Einkaufshäuser oder legen den Verkehr lahm. Meist haben sie für solche Demonstrationen keine Bewilligung und werden entsprechend bestraft.
Jetzt hat das Bundesgericht entschieden, dass die Bestrafung von fünf Klimaaktivistinnen und -aktivisten, die im Dezember 2019 in Lausanne die Rue Centrale blockiert haben, nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstösst.
Das Bundesgericht präzisiert damit seine bisherige Rechtsprechung zu Klimaaktionen, die für Aufsehen gesorgt hat.
Ambulanz aufgehalten
Mitten im Vorweihnachtsstress, am 14. Dezember 2019, blockierten rund 90 Klimaaktivistinnen und -aktivisten in Lausanne während rund sechs Stunden eine wichtige Strasse.
Autos und Busse mussten umgeleitet werden. Eine Ambulanz, die einen Patienten mit einem Herzproblem transportierte, brauchte länger bis ins Spital. Die Polizei forderte die Aktivisten mehrfach auf, die Strasse freizumachen. Schliesslich musste sie die Personen einzeln wegtragen.
Strafe ist kein Verstoss gegen Menschenrechte
Das Polizeigericht Lausanne verurteilte mehrere Aktivistinnen unter anderem wegen Störung von Betrieben. Fünf von ihnen wehrten sich gegen die bedingten Geldstrafen vor dem Kantonsgericht. Sie beriefen sich dort – allerdings erfolglos – auf die Versammlungsfreiheit.
Das Bundesgericht seinerseits entschied nun, dass eine Bestrafung von Teilnehmenden an unbewilligten Kundgebungen grundsätzlich rechtens ist. Sie verstosse nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, der Vorwurf der politischen Verfolgung treffe nicht zu. Denn, so die Lausanner Richter: Die Aktion sei über das hinausgegangen, was der Staat bei Demos zu tolerieren habe.
Es kommt auf die Details des Protests an
Das Bundesgericht stellt damit einmal mehr klar, dass nicht pauschal beantwortet werden kann, ob Aktivisten wie Klimakleber bestraft werden dürfen. Laut dem Gericht müssen immer die konkreten Umstände geprüft werden.
Kürzlich hatte ein anderes Urteil für Aufsehen gesorgt: Das Bundesgericht sprach Klimaaktivisten frei, die am Black Friday ein Freiburger Einkaufszentrum blockiert hatten. Die Richter begründeten den Freispruch damit, dass die Behörden bei unbewilligten, aber gewaltfreien Demos eine gewisse Toleranz aufbringen müssten.
Im Fall des Einkaufszentrums war es aber so, dass die Kundschaft das Gebäude über die anderen Eingänge betreten und verlassen konnten. Die Störung war deshalb laut Bundesgericht zu wenig intensiv, um eine Nötigung darzustellen.
In Lausanne dagegen dauerte die Blockade sechs Stunden und störte den Alltag der Menschen erheblich. Deshalb sei eine Sanktionierung gerechtfertigt, so das Bundesgericht. Es heisst die Beschwerde der Aktivistinnen und Aktivisten aber teilweise gut. Deshalb muss das Waadtländer Kantonsgericht ein detaillierteres Urteil fällen.