Worum geht es? Die Grünen haben an ihrer Delegiertenversammlung in Zug zwei Resolutionen verabschiedet, mit denen sie eine andere Schweizer Aussenpolitik fordern.
Warum stellen die Grünen diese Forderungen? Der Anlass für die zwei Resolutionen zur Aussenpolitik hänge mit der Aktualität der letzten Monate zusammen, dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, erklärt SRF-Inlandredaktor Elmar Plozza: «Es ist ein tiefgreifendes Weltereignis, das viele Fragen aufwirft.»
Wie stellen sich die Grünen die Schweizer Aussenpolitik der Zukunft vor? «Die Grüne Partei will eine Aussenpolitik, in der Werte wie Menschenrechte, Demokratie und Solidarität eine grössere Rolle spielen», sagt Plozza. «Vor allem fordern sie, dass die Schweiz nicht mehr eng mit autoritären Regimes zusammenarbeiten soll. Konkret bedeutet das für die Grünen zum Beispiel, dass die Schweiz so bald wie möglich vom Import von russischem Gas, Öl oder Uran unabhängig sein soll.»
Wie soll das funktionieren? Die Grünen verwenden für erneuerbare Energien das Schlagwort «Friedens- und Freiheits-Energien», erklärt Plozza. Sie wollten sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Auf der einen Seite soll der Ausbau erneuerbarer Energien dem Klimaschutz dienen. Auf der anderen Seite soll damit aber auch autoritären Staaten ein Druckmittel genommen werden. So bemängeln die Grünen, dass das Regime von Präsident Wladimir Putin auch finanziell davon profitiere, dass westliche Staaten auf solche Energieimporte angewiesen sind.
Ist das realistisch? «Das ist tatsächlich ein heikler Punkt, den die Grünen in der einen Resolution selber ansprechen», sagt Plozza. Ein grosser Teil der Photovoltaikmodule kommt aus China – «einem Staat, der keine Demokratie ist und wo es schwere Menschenrechtsverletzungen gibt». Die Grünen verlangen, dass durch eine gezielte Förderung die Solarindustrie in der Schweiz und in Europa gestärkt werden müsse. Aber das Beispiel zeige, dass es in der Realität Widersprüche gibt. Und dass die Umsetzung einer Aussenpolitik, die ethisch, sozial und ökologisch hohe Ziele hat, nicht ganz einfach ist.
Zudem wird eine «feministische Aussenpolitik» gefordert – was heisst das? «Es geht darum, dass die Frage der Frauenrechte oder auch des Schutzes von sexuellen Minderheiten einen ganz zentralen Stellenwert in der Aussenpolitik erhalten sollte», erklärt Plozza. Frauen sollten als Vermittlerinnen in Konfliktregionen gestärkt werden, die Bildung von Frauen und Mädchen müsse gefördert werden und auch die sexuelle Gewalt in Kriegen wäre dabei ein ganz wichtiges Thema.
Hat die Schweiz in diesem Bereich tatsächlich Defizite? «Man muss sagen, dass solche Themen durchaus jetzt schon für die offizielle Schweizer Aussenpolitik eine Rolle spielen», ordnet SRF-Inlandredaktor Plozza die Forderungen der Grünen ein. «Unter dem Begriff feministische Aussenpolitik, der zum Beispiel in Schweden eine offizielle Strategie ist oder den auch die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock verwendet, wird diese Politik noch etwas plakativer und vielleicht auch öffentlichkeitswirksamer.»