Zuerst die kleinen Schritte, dann die grossen Sprünge: So lässt sich zusammenfassen, wie der Bund vorgehen will, um die Treibhausgase aus Industrie, Landwirtschaft oder bei der Abfallverbrennung einzufangen und zu binden. Sie sollen dereinst die Atmosphäre nicht zusätzlich erwärmen.
Wer hofft, diese Technologien würden ein Einsparen von CO₂-Emissionen überflüssig machen, wurde korrigiert von Bundesrätin Simonetta Sommaruga: «Es braucht beides», betonte sie an einer Tagung des Bundesamts für Umwelt (Bafu).
Bis 2050 müssten 90 Prozent aller CO₂-Emissionen vermieden werden, sagte Sommaruga. Bloss für die «schwer vermeidbaren Emissionen», sei das Wiedereinfangen und Einlagern eine Option.
Pilotprojekte laufen bereits
In kleinem Massstab laufen schon heute Pilotprojekte. Auf diesen liegt der Fokus in einer ersten Phase bis 2030. Bis dann soll mindestens eine Kehrichtverbrennungsanlage das CO₂ abscheiden statt zum Kamin hinauslassen.
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Auch die Zementbranche soll, wenn möglich, ein Werk so umbauen, dass es CO₂ in Beton einbinden kann. In- und Ausland laufen bereits zahlreiche Projekte in dieser Richtung. Dabei gilt es, das Wissen und die Projekte zu verbinden und Erfahrungen zu sammeln, damit Innovationen und Investitionen möglich werden.
An der Bafu-Tagung fiel etwa das Stichwort einer neuen Industrialisierung – der Aufbau einer solchen Industrie im notwendigen riesigen Umfang sei allerdings mit «sehr grossen Herausforderungen verbunden», sagte eine Projektleiterin der ETH.
Immense neue Transportinfrastruktur nötig
Und der Geschäftsführer der Kehrichtverbrennungsanlage Linth GL sagte, dass es technisch zwar durchaus gelinge, das CO₂ auszuscheiden und dann weiterzuleiten. Doch wenn es dereinst um Millionen Tonnen abgezweigtes CO₂ gehe, das irgendwo eingelagert werden muss, «dann brauchen wir eine Infrastruktur mit Pipelines».
Die Fragen liegen also im Grossen – und damit verbunden ist auch die Frage nach den Kosten. «Wenn man CO₂ aus der Schweiz zum Einlagern nach Island bringen will, so betragen die Transportkosten etwa zwei Drittel der Gesamtkosten», so die Geschäftsführerin von Airfix. Das Unternehmen berät Firmen und bringt sie zusammen. Konkret ist die Schweiz in Sachen Endlagerung von CO₂ mit Island, den Niederlanden und Norwegen im Gespräch.
Nach 2030 soll’s in grösserem Stil losgehen
Nach den Plänen des Bundes sollen in der zweiten Phase ab 2031 die grossen Schritte folgen. Bis 2050 sollen pro Jahr zwölf Millionen Tonnen CO₂ aus der Atmosphäre gezogen werden können. Die Kosten dafür schätzt der Bund auf 2.3 Milliarden Franken – pro Jahr.
Man habe im Bafu eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche nach Lösungen bei den Problemen der Umsetzung der Pläne suche, sagt Bafu-Direktorin Katrin Schneeberger. Es gehe darum, Rollen zu klären, aber auch Rahmenbedingungen festzulegen oder Finanzierungsfragen zu lösen.
Die Verfahren haben Potenzial, darüber war man sich an der Bafu-Tagung einig. Sie sind jedoch nur ein Teil des Weges zu einer emissionsfreien Schweiz. Und auf diesem Weg sind noch viele Fragen offen.