In einer Recherche von «Rundschau», ZDF und «Washington Post» wurde eine weltweite Abhöroperation von US- und deutschen Geheimdiensten enthüllt. Von der Zuger Firma Crypto AG verkaufte Geräte waren nur scheinbar abhörsicher, denn es gab eine Hintertür. Die Abnehmer konnten abgehört werden. SRF-Bundeshausredaktor André Ruch zu den Folgen.
SRF: Wie sehr werden diese Nachrichten der Schweizer Diplomatie schaden – Stichwort «gute Dienste»?
André Ruch: Sollte herauskommen, dass der Schweizer Nachrichtendienst selber über die Hintertüren der Amerikaner und der Deutschen über Jahrzehnte andere Staaten mitbelauscht haben soll – dann wäre das natürlich fatal für den Ruf der Schweiz als Vermittlerin der «guten Dienste». Im Moment steht das aber nicht zur Diskussion. Es geht jetzt darum, ob der Bundesrat gewusst hat, dass sein Nachrichtendienst die Amerikaner und die Deutschen hinter der Crypto AG gewähren liess.
Wie geht es nun weiter in dieser Geheimdienst-Affäre?
Zuerst mal hat Viola Amherd vom Verteidigungsdepartement ihre eigene Verschlüsselungstechnik jetzt überprüfen lassen. Die Schweiz nutzt nämlich selbst immer noch Gerätschaften und Produkte dieser ominösen Crypto AG. Man lässt heute verlauten, dass keine Schwachstellen gefunden worden seien. Des Weiteren hat der Bundesrat schon im Januar eine Untersuchung angeordnet: Man will wissen, wer wann was gewusst hat. Und das wollen vor allem auch die Parlamentarier hier in Bern wissen. Mehrere – von links bis rechts – bestätigten mir heute: Es reiche nicht, dass der Bundesrat jetzt eine Untersuchung anstösst, sondern es brauche auch eine weitere parlamentarische Untersuchungskommission.
Wie realistisch ist es, dass es zu einer parlamentarischen Untersuchungskommission – einer sogenannten PUK – kommt?
Das ist realistisch. Vielen Parlamentariern genügt es nicht, dass der Bundesrat nun eine eigene Untersuchung gestartet hat. Ob es dann eine PUK wird oder eine andere Sonderkommission, das wird sich zeigen. In jedem Fall wird schon nächsten Montag die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates die Chefs des Nachrichtendienstes vorladen. Denn sollte sich herausstellen, dass unter den Augen des Bundesrates während Jahrzehnten eine Überwachungsaktion der Deutschen und der Amerikaner lief, wäre das Gift für den guten Ruf der Schweiz als neutrale Vermittlerin.
Das Gespräch führten Wasiliki Goutziomitros und Franz Fischlin.