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So funktionierte die Spionage-Operation
Aus SRF News vom 11.02.2020.
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Geheimdienstaffäre Cryptoleaks Weltweite Spionage-Operation mit Schweizer Firma aufgedeckt

  • Die gemeinsame Recherche Cryptoleaks von «Rundschau», ZDF und «Washington Post» enthüllt eine weltweite Abhöroperation von US- und deutschen Geheimdiensten.
  • Ein 280-seitiges Geheimdienst-Dossier belegt: Spioniert wurde mit manipulierten Verschlüsselungsgeräten der Zuger Crypto AG.
  • Die Operation lief gemäss Recherchen bis mindestens 2018.
  • Aufgrund der «Rundschau»-Recherchen leitet der Bundesrat eine Untersuchung ein. Das Wirtschaftsdepartement sistiert die Generalausfuhrbewilligung für Crypto-Geräte.

Gerüchte, dass Geheimdienste hinter der Zuger Firma Crypto AG stehen, hatte es immer wieder gegeben. Doch jetzt beweisen Dokumente der CIA und des deutschen Bundesnachrichtendienstes BND: Die beiden Geheimdienste hörten mit manipulierten Chiffriergeräten der Schweizer Firma Crypto AG jahrzehntelang weltweit mit.

Die Dimensionen sind enorm: Über hundert Staaten wurden von CIA und BND abgehört. Hunderttausende Nachrichten zwischen Regierungsstellen, Behörden, Botschaften oder militärischen Stellen wurden systematisch abgefangen.

Knackbare Geräte als sicher verkauft

1970 kauften der westdeutsche BND und die CIA zu gleichen Teilen die Firma Crypto AG – verschleiert über eine Stiftung in Liechtenstein. Bereits vorher bestand eine lose Zusammenarbeit, doch mit dem Kauf der Firma hatten die Geheimdienste nun die totale Kontrolle. Die Crypto AG war Marktführerin für Chiffriergeräte. Das sind Maschinen, die geheime Kommunikation verschlüsseln sollen, damit sie nicht abgehört wird.

Cryptoleaks kurz erklärt

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  • Über Jahrzehnte wurden über hundert Staaten von CIA und BND ausspioniert.
  • Hunderttausende geheime Nachrichten zwischen Regierungsstellen, Behörden, Botschaften oder militärischen Stellen wurden systematisch abgefangen.
  • Wie war das möglich? Die über 100 Regierungen kauften Verschlüsselungsgeräte der ehemaligen Zuger Firma Crypto AG.
  • Diese Chiffriergeräte waren so manipuliert, dass die beiden Geheimdienste alles abhören konnten.
  • Denn: Neu geleakte Geheimdienst-Dossiers belegen, dass die Crypto AG 1970 von der CIA und dem BND gekauft worden war – verschleiert über eine Stiftung in Liechtenstein. Das zeigen Recherchen der «Rundschau», dem ZDF und der «Washington Post».
  • Mit Hilfe der abgehörten, vermeintlich verschlüsselten Kommunikation etlicher Staaten wurde die Weltpolitik beeinflusst, so z.B. die Camp-David-Verhandlungen 1979.
  • Aufgrund der Recherchen leitete der Bundesrat nun eine Untersuchung ein.
  • Das Wirtschaftsdepartement sistierte die Generalausfuhrbewilligung für Crypto-Geräte.

Bruno von Ah, ein ehemaliger Crypto-Mitarbeiter, sagt gegenüber der «Rundschau»: «Irgendwann merkten mein Vorgesetzter und ich, dass die Geräte eine Hintertür drin haben.» Tatsächlich baute die Crypto AG über Jahrzehnte zwei Formen von Verschlüsselung in die Geräte ein: eine sichere und eine unsichere, also knackbare. Die sichere Ausführung erhielten nur wenige Länder, unter anderem die Schweiz.

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Ex-Crypto-Mitarbeiter von Ah: «Der Chef sagte mir: ‹Jetzt weiss ich, wo die Hintertür ist›»
Aus News-Clip vom 11.02.2020.
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Auf den rund 280 Seiten des der «Rundschau», ZDF und «Washington Post» zugespielten Geheimdienst-Dossiers wird die sogenannte «Operation Rubikon» als «eine der erfolgreichsten nachrichtendienstlichen Unternehmungen der Nachkriegszeit» bezeichnet.

Professor Richard Aldrich von der Universität Warwick in Grossbritannien kommt zum Schluss, dass die «Operation Rubikon» eine der «kühnsten und auch skandalträchtigsten Operationen» überhaupt war. «Über hundert Staaten zahlten Milliarden Dollar dafür, dass ihnen ihre Staatsgeheimnisse gestohlen wurden.»

In Zug weiss niemand von etwas

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2018 spaltete sich die Crypto AG in zwei neue Gesellschaften auf, einen Schweizer Teil mit neuem Namen CyOne Security sowie einen internationalen Teil. Diese Crypto International gehört heute dem Schweden Andreas Linde. Er sagt gegenüber der Rundschau: «Ich und Crypto International haben nichts mit der CIA oder dem BND zu tun.» Die Firma sei eine ganz andere Firma als die vormalige Crypto AG – «mit einem neuen Besitzer, einem neuen Management und einer neuen Strategie.»

Auch Peter Letter, Verwaltungsratspräsident des neuen Schweizer Crypto-Teils CyOne Security, weist jeden Verdacht von sich: «Ich kann Ihnen versichern, es gibt keine Beziehungen oder ein Verhältnis zu ausländischen Geheimdiensten», sagt er zur «Rundschau». Die CyOne Security AG sei von der ehemaligen Firma Crypto AG vollständig unabhängig.

Weltpolitik beeinflusst

Die Crypto AG belieferte die ganze Welt, unter anderem Saudi-Arabien, Argentinien und Iran. Die Schweizer Firma galt als neutral – was während des Kalten Kriegs und des Nahost-Konflikts ein wichtiges Verkaufsargument war. Insbesondere die USA nutzten dies politisch aus. Weil sie die Länder abhören konnten, hatten die Vereinigten Staaten einen enormen Vorteil bei Verhandlungen oder bei der strategischen Kriegsführung.

Die Crypto-Geräte spielten etwa bei den Camp-David-Verhandlungen 1979, bei den Verhandlungen über die amerikanischen Geiseln in Iran 1981 oder bei der US-Invasion in Panama 1989 eine essenzielle Rolle. Die Dokumente belegen auch erstmals, dass BND und CIA frühzeitig über die schweren Menschenrechtsverletzungen durch die argentinische Militärjunta informiert waren. Die von Deutschen und Amerikanern an die Briten weitergeleiteten entschlüsselten Funksprüche der argentinischen Marine trugen 1982 entscheidend zum Sieg Grossbritanniens im Falklandkrieg bei.

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Geheimdienst-Experte Schmidt-Eenboom: Ausserordentlich bedeutsame Operation für die CIA
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Der deutsche Geheimdienst-Experte Erich Schmidt-Eenboom spricht von einer «ausserordentlich bedeutsamen Operation». Zeitweise hätten CIA und BND mindestens 50, wenn nicht 70 Prozent ihrer Aufklärungsergebnisse den manipulierten Crypto-Geräten zu verdanken gehabt.

Operation lief wohl bis mindestens 2018

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Der BND entschied 1993, aus der «Operation Rubikon» auszusteigen. Den Austritt verhandelte Bernd Schmidbauer, damals im Kanzleramt zuständig für den BND. Schmidbauer bestätigt die Recherchen der «Rundschau». Er sagt: «Die Operation hat sicher dazu beigetragen, dass die Welt ein Stück sicherer geblieben ist.» Die CIA übernahm nun die ganze Firma und führt die Operation fort. Mehrere Quellen sagen gegenüber der Rundschau, dass die Operation mindestens bis 2018 weiterlief.

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BND-Mann Schmidbauer: Welt ist sicherer geworden
Aus News-Clip vom 11.02.2020.
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Eingeweihte Schweizer Geheimdienste und Politiker

Aus den vorliegenden Dokumenten geht klar hervor, dass die Schweizer Geheimdienste in die Operation von CIA und BND eingeweiht waren. So steht in den Papieren geschrieben: «Die Bundespolizei (das Schweizer Pendant zum amerikanischen FBI) hat den militärischen Nachrichtendienst kontaktiert. Hohe Beamte der Organisation hatten generell Kenntnis von der Rolle Deutschlands und der USA im Zusammenhang mit der Crypto AG und trugen dazu bei, diese Beziehung zu schützen.»

Die Recherchen der «Rundschau» bestätigen, dass Mitarbeiter der Schweizer Nachrichtendienste Bescheid wussten. Damals mutmasslich Involvierte wollten dazu aber keine Stellung nehmen oder sie sagen, sie hätten keine Kenntnis von der Operation gehabt. Es gibt auch Hinweise, dass «Schlüsselpersonen in der Regierung» von der «Operation Rubikon» wussten.

Parmelin sistiert Generalausfuhrbewilligung

Aufgeschreckt durch die Recherchen der «Rundschau» entschied Wirtschaftsminister Guy Parmelin/SVP Mitte Dezember 2019, die Generalausfuhrbewilligung der Firma Crypto International zu sistieren. Das Wirtschaftsdepartement bestätigt die Sistierung gegenüber der «Rundschau». Sie gelte, «bis die offenen Fragen geklärt sind».

Grünen-Chef Glättli fordert eine PUK

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Der Fraktionschef der Grünen Partei, Balthasar Glättli, fordert Aufklärung: Wenn die offizielle Schweiz und möglicherweise sogar der Bundesrat von den manipulierten Crypto-Geräten gewusst habe, dann untergrabe das eines der Fundamente unseres politischen Selbstverständnisses: Jenes der Guten Dienste der Schweiz. «Das ruft nach Aufklärung. Und ich glaube kaum, dass das anders passieren kann als durch eine parlamentarische Untersuchungskommission», so Glättli.

Der Bundesrat hat zudem auf die Recherchen reagiert und eine Untersuchung eingeleitet. In seiner Sitzung vom 15. Januar 2020 beschloss er die Einsetzung einer interdepartementalen Arbeitsgruppe zu den Cryptoleaks. Verteidigungs-, Aussen-, Justiz- und Wirtschaftsdepartement sollen den Fall Crypto aufarbeiten. Die Untersuchung soll alt Bundesrichter Niklaus Oberholzer durchführen.

CIA, NSA und BND wollten gegenüber der «Rundschau», ZDF und «Washington Post» keine Stellung nehmen.

Deshalb ist #cryptoleaks keine Bagatelle

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#Cryptoleaks beweist erstmals, dass tatsächlich Geräte der Zuger Firma Crypto AG manipuliert worden sind. Aber nicht nur:

  • Erstmals zeigen Dokumente, dass die Nachrichtendienste CIA und BND (Deutschland) die Schweizer Firma Crypto AG in Besitz genommen hatten, um von der Schweiz aus Drittstaaten auszuspionieren.
  • Erstmals liegen auch Beweise zur Fülle der betroffenen Ereignisse vor (u.a. Falklandkrieg, Iran/Irak-Krieg, Putsch in Chile).
  • Erstmals gibt es Belege, die zeigen, dass Vertreter des Schweizer Geheimdienstes eingeweiht waren – bisherige Untersuchungen kamen zu einem anderen Ergebnis.

Aufgrund der Recherche der «Rundschau» hat der Bundesrat reagiert: Er sisitierte die Ausfuhrbewilligung von Geräten der Firma Crypto International AG (eine der zwei Nachfolgefirmen der Crypto AG) umgehend und veranlasste eine Untersuchung der Affäre durch Niklaus Oberholzer, einen ehemaligen Bundesrichter.

Ebenfalls als Folge von #Cryptoleaks fordern die linken Parteien SP und Grüne nun eine parlamentarische Untersuchungskommission PUK. Ausserdem ist auch Petra Gössi, die Parteipräsidentin der FDP, gegenüber einer PUK nicht abgeneigt. Jetzt stellt sich die Frage, ob Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundes die Neutralität der Schweiz verletzt haben. (perm)

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Weltweite Spionage-Operation mit Schweizer Firma aufgedeckt
Aus Rundschau vom 12.02.2020.
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Sendebezug: «10vor10», 11.02.2020

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