- Fast sämtliche Akten rund um die Firma Crypto unterliegen einer 30-jährigen Sperrfrist.
- Ausnahmegesuche sind möglich, doch die wurden anfänglich von den meisten involvierten Departementen abgelehnt.
- Als die «Rundschau» jedoch ihren Recherchestand und die Brisanz der Recherche offenlegte, gaben alle involvierten Departemente die Akten frei – ausser der Nachrichtendienst des Bundes NDB, der im Verteidigungsdepartement VBS eingegliedert ist.
- Ein anderes Dossier ist im Bundesarchiv nicht mehr auffindbar.
Bei den zurückgehaltenen Dokumenten handelt sich um die Untersuchungsakten der damaligen Bundespolizei BUPO. Die Entscheidung, ob die Akten freigegeben werden, liegt in dieser Sache heute erstaunlicherweise nicht beim Justizdepartement EJPD, sondern beim NDB.
Akten von Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern
Jürg Bühler, in den 1990er Jahren Leiter der Untersuchung durch die BUPO und heute Vizechef des Nachrichtendienstes erklärt, die BUPO habe damals die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerdiensten und Quellen aktiviert, um mehr zum Fall Crypto zu erfahren: «In den Akten sind noch sehr viele schützenswerte Personendaten drin. Es hat Meldungen von ausländischen Partnern drin, die einem Quellenschutz unterliegen und auch Protokolle von parlamentarischen Kommissionen, die wir im Moment nicht öffnen können.» Deshalb sei der Bestand gemäss Archivgesetz noch gesperrt.
Dossier seit 2014 vermisst
Ein weiteres zentrales Dossier im Bundesarchiv ist spurlos verschwunden. Es handelt sich ebenfalls um Untersuchungsakten der Bundespolizei zum Fall Crypto. Die «Rundschau» hatte schon im November 2014 bei einer früheren Recherche im Bundesarchiv ein Einsichtsgesuch gestellt. Das Bundesamt für Polizei fedpol prüfte die Akten, verweigerte jedoch die Einsicht und schickte das Dossier ans Bundesarchiv zurück. Das belegt die Kopie eines eingeschriebenen Begleitbriefes, welcher der Rundschau vorliegt.
Jürg Bühler sagt dazu: «Wir als NDB hatten davon erst jetzt erfahren, es ist bedauerlich und wir hoffen, dass diese Dokumente wiederauftauchen und sie einfach irgendwo falsch eingereiht wurden im Bundesarchiv.»
Doch auch im Bundesarchiv ist das Dossier nicht auffindbar. Der Kommunikationsbeauftragte Simon Meyer, erklärt: «Das eine Dossier ist seit 2014 vermisst. Wir wissen im Moment nicht, wo es ist. Das ist etwas Aussergewöhnliches, dass wir so lange suchen. Und es tut uns auch leid, ist es in diesem Fall passiert.»
Der mysteriöse «Fall Code»
Auch eine mysteriöse Karteikarte im Bundesarchiv gibt Rätsel auf: Rund um die Ermittlungen Ende der 1970er-Jahre zur Firma Crypto wurde ein «Fall Code» eröffnet.
Doch auf der Fiche sind keine weiterführenden Ereignisse oder Informationen vermerkt, sondern lediglich eine Instruktion: wenn sich jemand für die Fiche interessiere, solle das an einen gewissen «K.» gemeldet werden. Die «Rundschau» suchte im Bundesarchiv weitere Akten zum «Fall Code», vergeblich.
Nationalrat fordert mehr Transparenz
Grünen-Fraktionspräsident Balthasar Glättli plädiert für mehr Transparenz: «Es ist nicht verständlich, wieso man diese Unterlagen in so einer wichtigen Sache der Öffentlichkeit nicht zugänglich macht.»
Mich beelendet es, dass sensible Dokumente verloren gehen, die wichtig wären, um die historische Realität darzustellen.
Zudem: Dass Dossiers verschwinden, sei kein Einzelfall: «Mich beelendet es, dass sensible Dokumente verloren gehen, die wichtig wären, um die historische Realität darzustellen. Bei geheimen militärischen Gruppe P26 waren auch wesentliche Dokumente einfach nicht mehr hier. Es kann doch nicht sein, dass es Menschen gibt, die nicht ihren gesetzlichen Auftrag zuoberst haben, sondern irgendwelche Partikularinteressen, um die Vergangenheit zu vernebeln.»
Sendebezug: 10 vor 10, 11.2.20