Die Aufarbeitung der Crypto-Affäre betrifft nicht einfach die 70er, 80er oder 90er Jahre – nein: Bis vor knapp zwei Jahren gingen möglicherweise manipulierte CIA-Geräte aus der Schweiz an Drittstaaten. Straftaten wie verbotener Nachrichtendienst wurden vielleicht bis 2018 begangen.
Amtshandlungen fremder Mächte
Mark Pieth, Ordinarius für Strafprozessrecht und Kriminologie in Basel, ist über Cryptoleaks beunruhigt. Er fordert, dass die Bundesanwaltschaft umgehend eine Untersuchung einleitet. Die Bundesanwaltschaft sei zuständig für Staatsschutzdelikte: «Da gibt es einen Tatbestand, der ganz direkt die Schädigung ausländischer Staaten im Auge hat: Artikel 301, Nachrichtendienst zulasten fremder Staaten» so Mark Pieth gegenüber «10vor10».
Daneben gebe es Tatbestände, wo die schweizerische Souveränität im Vordergrund stehe, so Pieth. «Wenn fremde Mächte Amtshandlungen bei uns vornehmen (Art. 271), dann politischen, wirtschaftlichen, militärischen Nachrichtendienst. All das kommt infrage.»
Die Bundesanwaltschaft in Bern ist zuständig für strafrechtliche Abklärungen im Falle Cryptoleaks. Sie teilt «10vor10» aber mit, sie warte zu. «Die BA verweist auf die vom Bundesrat in Auftrag gegebene Abklärung der Faktenlage durch den Alt-Bundesrichter Niklaus Oberholzer. (...) Sollten im (...) Bericht Hinweise auf allfällige strafrechtlich relevante Aspekte enthalten sein, würden die zuständigen Stellen (...) diese prüfen.»
«Beweise könnten vernichtet werden»
Das wäre frühestens im Sommer. Für Mark Pieth aber ist jetzt keine Zeit zu verlieren: «Beweise könnten vernichtet werden, man muss sofort handeln. Man muss eventuell später eine Bewilligung des Bundesrats einholen, um eine eigentliche Untersuchung zu führen. Aber jetzt muss man eine sofortige Ermittlung einleiten.»