- Bundesanwalt Michael Lauber muss im Fifa-Verfahren ab sofort in den Ausstand treten.
- Das entschied das Bundesstrafgericht. Es übt massive Kritik am Vorgehen von Bundesanwalt Michael Lauber im Verfahren gegen vier Mitglieder des Organisationskomitees der Fussball-WM 2006 in Deutschland.
- Aufgrund seiner nicht protokollierten Treffen mit dem Präsidenten des Weltfussballverbandes Fifa, Gianni Infantino, sei der Bundesanwalt als «befangen» zu betrachten, heisst es im Urteil.
Die Bundesanwaltschaft eröffnete im März 2015 das erste Verfahren gegen Fifa-Funktionäre des Organisationskomitees der Fussball-WM 2006 in Deutschland. Inzwischen ist der Verfahrenskomplex auf rund 25 Verfahren angewachsen. Im Zuge dieser Verfahren haben Medien aufgedeckt, dass sich Bundesanwalt Michael Lauber mehrmals im Geheimen mit dem Fifa-Präsidenten Gianni Infantino getroffen hat.
In mehreren Punkten unseriös gearbeitet
Dass Michael Lauber mindestens zwei solcher Treffen nicht protokolliert habe, sei ein Verstoss gegen die Strafprozessordnung, hält das Bundesstrafgericht fest. Der Inhalt dieser «umstrittenen» Gespräche sei dadurch den anderen am Verfahren beteiligten Parteien «jeglicher Kontrolle» entzogen worden.
Ebenso scharf kritisiert das Bundesstrafgericht den Fakt, dass Lauber persönlich die Einstellung eines der Verfahren im Fifa-Komplex angeordnet habe. Damit habe er auf operativer Ebene persönlich Einfluss genommen, was über die blosse Leitung der Bundesanwaltschaft hinausgehe.
Ausschluss ab sofort
Die Kritik des Bundesstrafgerichts richtet sich zudem gegen einen Leiter verschiedener Verfahren der Bundesanwaltschaft, die die Fifa betreffen. Auch bei ihm hat das Gericht Umstände gefunden, die geeignet seien, Misstrauen in dessen Unparteilichkeit zu wecken.
Das Bundesstrafgericht hat deshalb die gegen Lauber und den Verfahrensleiter gerichteten Ausstandsbegehren zweier Beschuldigter gutgeheissen. Der Bundesanwalt und der betroffene Staatsanwalt dürfen ab sofort im Fifa-Verfahrenskomplex keine Funktionen mehr übernehmen.
Neuwahl im Herbst
Lauber behauptete immer, die Treffen hätten in seiner Aufgabe als Leiter der Bundesanwaltschaft stattgefunden. Das beeinträchtige die Unabhängigkeit des Verfahrens nicht. Das Bundesstrafgericht konnte er mit diesen Argumenten nicht überzeugen. Es bleibe «in erster Linie unklar», weshalb seine Teilnahme an diesen Treffen für die Verfahren wichtig gewesen sei.
Michael Lauber ist seit 2012 Schweizer Bundesanwalt – er befindet sich aktuell am Ende seiner zweiten Amtszeit. Die Wiederwahl für eine dritte wäre eigentlich in dieser Sommersession angestanden. Aufgrund des Disziplinarverfahrens gegen Lauber hat die Gerichtskommission der Vereinigten Bundesversammung die Wiederwahl auf den Herbst verschoben. Lauber hielt trotz den Vorwürfen immer an einer Kandidatur für eine dritte Amtszeit fest.