Roman Stäger, Geschäftsführer der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Limmattal, ist stolz auf die Arbeit seiner Baugenossenschaft. Allein im Zürcher Stadtteil Albisrieden hat die Genossenschaft fast 800 Wohnungen in allen Grössen, von 1,5-Zimmer-Studios bis 5,5-Zimmer-Wohnungen. Entsprechend lebten hier auch ganz verschiedene Menschen.
Gerade in einer Stadt wie Zürich mit knappen Wohnraum und hohen Mietpreisen spielten die Genossenschaften eine wichtige Rolle, unterstreicht auch Christian Portmann, Präsident des Dachverbandes der Zürcher Wohnbaugenossenschaften. Weil sie nicht gewinnorientiert arbeiteten und lediglich kostendeckende Mieten verlangten.
Kritik wird laut
«Ohne uns wäre es für breite Teile der Bevölkerung nicht möglich, hier zu wohnen und ein attraktives Wohnumfeld zu finden», sagt Portmann. Insbesondere, wenn Kinder auf die Welt kämen und eine grössere Wohnung nötig werde.
Doch in letzter Zeit war in Zürich immer wieder der Vorwurf zu hören, dass es gerade Geringverdienende schwer hätten, einen Platz in einer Genossenschaftssiedlung zu erhalten. Dass sich die modernen Vorzeigegenossenschaften, in denen die Bewohner kein Auto haben dürfen, an eine progressive, urbane obere Mittelschicht richteten, aber nicht an Arbeiterinnen und Arbeiter.
Ohne uns wäre es für breite Teile der Bevölkerung nicht möglich, hier zu wohnen und ein attraktives Wohnumfeld zu finden.
Portmann empfindet die Kritik als ungerecht. Die autofreien Genossenschaftssiedlungen seien in der Minderzahl. Am Credo der Genossenschaftsbewegung habe sich nichts geändert: «Wir wollen soziale Durchmischung – in Bezug auf Alter, Einkommen und Bildung. Darauf sind wir angewiesen.»
Trend zu Neubauten
Portmann verweist auf eine Studie des Forschungsinstituts Sotomo. Demnach gibt es in Genossenschaftshäusern mehr Personen mit einem tiefen Bildungsniveau als in anderen Mietshäusern oder in Eigentumswohnungen. Und doch ist die Kritik nicht ganz verstummt.
Walter Angst, Sprecher des Mieterinnen- und Mieterverbandes Zürich, hat grosse Sympathien für die Genossenschaften und unterstützt auch Bestrebungen, den Anteil der Genossenschaftswohnungen in der Stadt Zürich zu erhöhen.
Er übt aber auch Kritik: Einige Genossenschaften würden viel zu schnell alte Häuser durch Neubauten ersetzen, die sich viele der ursprünglichen Mieter nicht mehr leisten könnten: «Wenn man ganze Siedlungen abreisst, gibt es auch einen Bruch in der Bevölkerung.» Deswegen poche man darauf, alle Möglichkeiten zu nutzen, um bestehende Bausubstanz zu erhalten.
Setzt Energiestrategie zu viel Druck auf?
Der Trend zu Neubauten wird begünstigt durch das Ziel, mit modernen, gut isolierten Gebäuden Energie zu sparen. Doch in diesem Prozess brauche es Augenmass. Einfach möglichst viele Häuser abreissen und neu bauen sei nicht der Weisheit letzter Schluss, sagt Angst: «Man will den Gebäudepark im Hinblick auf die 2000-Watt-Gesellschaft rasch erneuern. Das sorgt für enormen Druck.» Deswegen sei eine Justierung in der Energiestrategie notwendig, fordert Angst: «Insbesondere, was den Gebäudepark betrifft.»
Die Genossenschaften stehen vor der Herausforderung, den Nachhaltigkeitszielen Rechnung zu tragen – und gleichzeitig auch in Zukunft Menschen aller Bevölkerungsschichten ein Obdach bieten zu können.
Das vor dem Hintergrund, dass die Bevölkerung in Städten wie Zürich weiter wächst. Denn auch hier wächst der Druck, dem Bevölkerungswachstum mit neuen, verdichteten Wohnsiedlungen zu begegnen.