Verglichen mit 2015 ist der Fachkräftemangel um 55 Prozent gestiegen, laut dem Stellenvermittler Adecco ist das ein historischer Rekordwert. Gleichzeitig ist die Arbeitslosenquote in der Schweiz auf dem tiefsten Stand seit über 20 Jahren. Es herrsche quasi Vollbeschäftigung, sagt auch Boris Zürcher, Leiter der Direktion Arbeit beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) im «Club».
Viele Arbeitskräfte hat die Schweiz also nicht in der Reserve. Was tun gegen den Fachkräftemangel? Und wie tickt die jüngere Generation Z, die jetzt auf den Arbeitsmarkt drängt?
Faule Generation Z?
«Die Jungen wollen nicht mehr schuften bis zum Umfallen», sagt Mira Weingart. Dafür erntet die Radiomoderatorin mit Jahrgang 1996 Kritik. Ihre Generation sei faul und wisse gar nicht, was Arbeit heisse, klingt es in den Kommentarspalten. «Ich glaube, solche Aussagen kommen aus der Frustration einer älteren Generation. Sie sind aufgebracht darüber, was wir alles können, dürfen – und uns nehmen», erklärt Weingart.
Dazu gehört auch die Freizeit. Nicht nur die Jüngeren entscheiden sich vermehrt für Teilzeitarbeit. 1995 haben Männer im Schnitt 90 Prozent gearbeitet, heute nur noch 83 Prozent.
Auch Pflegefachfrau Patricia Tschannen arbeitet Teilzeit. «Weil man einfach Pausen braucht.» Etwa ein Drittel des Pflegepersonals steige zwei Jahre nach der Ausbildung vollständig aus dem Pflegebereich aus, auch die Generation Z. Tschannen setzt sich ein für mehr Teilzeitarbeit, denn 100 Prozent in einem Spital zu arbeiten, stehe kaum jemand durch.
Teilzeitarbeit hat ihren Preis
Für Ökonom Bruno S. Frey ist klar: Natürlich solle jeder sein Arbeitspensum frei wählen können, aber dann bitte auch die Konsequenzen tragen: «Man kann nicht 60 Prozent arbeiten bei vollem Lohn.»
Zu viel Freizeit könne ausserdem schaden, sagt der Glücksforscher: «Die Leute langweilen sich, haben keine Kontakte, sitzen daheim und schauen fern.» Glücklich machten aber vor allem Kontakte zu anderen Menschen, und die finde man im Beruf, sagt Frey.
Oder auf sozialen Medien, wie es die Jungen heutzutage zu tun pflegen. Eine Studie will gar herausgefunden haben, dass Mitglieder der Generation Z vor allem Influencer, Model oder Superstar werden wollen. Ist das schlimm? «Nein», meint Moderatorin Weingart. «Es läge an uns als Gesellschaft, neue Jobs wie Influencer zu respektieren.» Influencerin, das sei ja fast ein Schimpfwort, sagt Weingart. Dabei würden diese Menschen gutes Geld verdienen.
Weingart wehrt sich gegen das Klischee, die Jungen wollten nicht arbeiten: «Das ärgert mich sehr», denn der Generation Z gehe es nur um das Wie. «Wir wollen anders arbeiten, aber nicht weniger», Stichwort Balance.
Bruno S. Frey sagt, er habe seine Leidenschaft für die Wissenschaft nie als Belastung empfunden. Auch wenn die bei ihm den ganzen Tag – und auch das Wochenende – ausfülle. «Das war einfach mein Vergnügen.»
Weingart muss am Schluss betonen: «Für eine ganze Generation kann ich nicht sprechen.» Sie würde im Gegenteil noch mehr arbeiten wollen.
So homogen, wie oft behauptet, ist sie also nicht, die Generation Z.