Die heutige Ankündigung überraschte Gegner und Befürworter des E-Votings zugleich. Der Pionier der elektronischen Stimmabgabe in der Schweiz wirft das Handtuch. 15 Jahre lang hat Genf die Schweizer E-Voting-Debatte geprägt – eine Ewigkeit für die schnelllebige IT-Welt.
Zu teuer seien die notwendigen Updates. Mit zwei Millionen Franken rechnet die Regierung laut einer Meldung von RTS. Dies dürfte eine konservative Schätzung sein. Und bei einem kritischen IT-System wie dem E-Voting kommen Betriebskosten dazu, die ebenfalls rasch in die Millionen gehen.
Können wir uns E-Voting leisten?
Mit seinem Rückzug verpasst Genf dem Schweizer E-Voting einen empfindlichen Rückschlag. Genf ist bereits der zweite Anbieter, der das Handtuch wirft. 2015 gab das sogenannte Consortium Vote Électronique auf, weil «erhebliche Kosten» für notwendige Sicherheitsupdates anstanden. Kosten, die «nicht vertretbar» waren.
Ob die Idee des E-Votings einen zweiten solchen Rückschlag überlebt, ist fraglich. Zumal die Kantone, die ebenfalls das Genfer System nützen, nun entscheiden müssen, ob sie für teures Geld nochmals auf ein anderes System wechseln.
Was der heutige Entscheid schmerzlich zeigt: Offenbar übersteigt es die finanziellen Möglichkeiten eines öffentlich finanzierten Anbieters, E-Voting selber zu betreiben. Oder anders gesagt: Das nötige Sicherheitsniveau war den Genfern zu teuer. Wie teuer relativ sichere IT-Systeme wirklich sind, wissen Schweizer Banken und Versicherungen. Sie wenden Milliarden auf (und werden leider trotzdem gehackt).
Zukunft der Demokratie?
Der heutige Entscheid bedeutet eine Zäsur für die Schweizer E-Voting-Anstrengungen. Mit Genf verschwindet der letzte staatliche Anbieter von E-Voting. Im Rennen bleibt einzig die unternehmerisch tätige Post, die auf ein System der spanischen Firma Scytl setzt. Selbst E-Voting-Befürworter sähen die elektronische Stimmabgabe als hoheitliche Aufgabe lieber in der Hand des Staates.
Als die damalige Genfer Staatskanzlerin Anja Wyden Guelpa genau vor einem Jahr in einem SRF-Beitrag stolz «ihr» E-Voting-System präsentierte, sprach sie von nichts Geringerem als der Zukunft der Demokratie. Mit dem Rückzug Genfs ist diese Zukunft nun in weite Ferne gerückt.