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Genfer Staatsrat unter Druck Hat Pierre Maudet bei den Steuern getrickst?

  • «Temps présent» und der «Rundschau» liegen neue, belastende Dokumente vor. Diese legen nahe, dass Pierre Maudet ungerechtfertigte Steuerabzüge geltend gemacht hat.
  • Die FDP Genf reagiert mit Entsetzen auf die jüngsten Enthüllungen. Maudet habe die Bevölkerung, die Regierung und auch die Partei angelogen.
  • Maudet selbst will vorerst nicht zurücktreten. Er betont, dass für ihn die Unschuldsvermutung gelte.

Eben noch kannte seine Karriere nur eine Richtung: steil aufwärts. Vor einem Jahr feierte die FDP Pierre Maudet als Bundesratskandidaten. Die Bundesratswahl letzte Woche hingegen verbrachte Maudet hinter den Mauern der Genfer Staatsanwaltschaft: Diese ermittelt gegen ihn wegen Verdachts auf Vorteilsannahme.

Die Affäre Maudet: Sie begann mit einer Luxusreise für Zehntausende von Franken in die Vereinigten Arabischen Emirate. Es folgten Enthüllungen über geheime Absprachen und teure Geschenke auch in Genf. Die «Rundschau» hat über Maudets Verstrickungen mehrfach berichtet.

Die jüngste Entdeckung: Pierre Maudet hat mutmasslich bei den Steuern getrickst. Als Genfer Regierungsmitglied ist er verpflichtet, seiner Partei jährlich 10’000 Franken zu überweisen. In fünf Jahren als Staatsrat zahlte aber viermal nicht Maudet selbst diese Abgabe, sondern der «Unterstützerverein Pierre Maudet». Das sagen zwei voneinander unabhängige Quellen gegenüber den Westschweizer Fernsehen RTS. Der Verein überwies das Geld in Maudets Namen – und die FDP stellte ihrem Staatsrat eine Spendenbescheinigung dafür aus.

Maudet kündigt Stellungnahme an

«Temps présent» und der «Rundschau» liegen Belege aus Maudets Steuerdossiers vor. Diese zeigen schwarz auf weiss: Mindestens zweimal hat Maudet die Spendenbescheinigung bei der Steuerverwaltung eingereicht – obwohl nicht er selbst, sondern anonyme Spender gezahlt hatten. Der Staatsrat selbst schweigt, sagt zu den Vorwürfen lediglich, er habe Staatsanwaltschaft und Steuerbehörden alle geforderten Informationen übergeben.

Pierre Maudet will gegenüber der «Rundschau» den Verdacht auf Steuertrickserei nicht kommentieren. Er kündigt eine Stellungnahme gegenüber den Medien für heute Mittwoch oder morgen Donnerstag an.

Maudet weist Rücktrittsforderungen zurück

FDP-Präsidentin Petra Gössi hat Maudet jüngst zum Rücktritt aufgefordert – ebenso wie die FDP Genf. Deren Chef Alexandre de Senarclens sagt: «Er belügt uns. Er belügt die Bevölkerung, er belügt Staatsrat, Parlament und seine Partei.» Doch Pierre Maudet sieht sich nach wie vor legitimiert, im Kanton Genf zu regieren.

Und ein Kreis von Unterstützern hält ihm die Treue. Etwa Marie-Claire Messerli, Unternehmerin und langjähriges FDP-Mitglied. «Diese Treibjagd wird aus Neid veranstaltet. Pierre Maudet ist ein wahrer Staatsman», sagt sie. Auch der frühere Genfer Parlamentspräsident Renaud Gautier hält zu ihm: «Es war moralisch verwerflich die Wahrheit zu verschweigen, dies alleine ist aber noch lange keine Straftat», sagt er.

Die Genfer Verfassung sieht kein Absetzungsverfahren vor. Niemand kann Maudet zum Rücktritt zwingen. Er selbst betont, dass für ihn die Unschuldsvermutung gelte. Allerdings hat Maudet angekündigt zurückzutreten, falls er verurteilt würde.

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