Wann ist ein Täter schuldunfähig? Um diese Frage geht es im Grundsatz vor dem Amtsgericht Olten-Gösgen. Angeklagt ist ein heute 41-jähriger Mann. Der schwerste Vorwurf lautet versuchter Mord.
Es ist ein Fall, der Schlagzeilen machte. Der Mann soll laut Anklage eine 14-Jährige lebensgefährlich verletzt und vergewaltigt haben, am 29. November 2020 in einem Wald bei Olten.
Das Opfer überlebte nur zufällig. Die Teenagerin wurde beim Joggen im Bannwald von einem Mann angegriffen. Dieser stach mehrmals mit einem Messer auf sie ein. Danach vergewaltigte er sie. Erst als sich die 14-Jährige tot stellte, liess der Täter von ihr ab. Eine Passantin fand sie später.
Mehrere Versuche
Die Polizei verhaftete den Mann am Abend der Tat. Am Tatort fand sie sein Handy und die Tatwaffe. In den Ermittlungen stellte sich heraus, dass er für insgesamt sieben Sexual- und Gewaltdelikte in der Region Olten verantwortlich sein soll. Mehrmals hat er laut Anklage versucht, Frauen zu vergewaltigen und umzubringen – auch am Morgen vor der Tat. Davor suchte er im Internet offenbar nach ähnlichen Fällen und pornografischen Filmen.
Der mutmasslichen Täter hat die Tat vom 29. November 2020 grundsätzlich nicht bestritten. Er ist im vorzeitigen Massnahmenvollzug in einer Klinik. Vor Gericht sagte er nichts zu den Vorwürfen.
Klare Diagnose
Der Angeklagte ist psychisch krank. Bereits früher war er in klinischer Behandlung. Laut einem psychiatrischen Gutachten leidet er seit Jahren unter einer Art Schizophrenie mit psychotischen Störungen.
Die Gutachterin erklärte vor Gericht, es gebe die klare Diagnose einer «Ich-Störung». Betroffene können dabei sich und die Umwelt nicht mehr voneinander abgrenzen. Der Konsum von Cannabis und Kokain hätte die psychotischen Wahrnehmungen beim Angeklagten gesteigert.
Der Mann sagte bei der Begutachtung, er höre seit über 20 Jahren Stimmen. Bei den Taten habe er unter einem Bann gestanden.
Keine Zweifel an Schuldunfähigkeit
Für Staatsanwaltschaft wie auch Verteidigung ist klar, dass der Angeklagte schuldunfähig ist. Die Anklage fordert wegen der psychischen Krankheit eine stationäre therapeutische Massnahme. Bei dieser umgangssprachlich «kleinen Verwahrung» würde der Mann für eine Therapie in einer geschlossenen Psychiatrie bleiben – bis zu einer allfälligen Heilung.
Anwälte von Opfern und Privatklägern bezweifeln die totale Schuldunfähigkeit. Sie verlangen ein zweites Gutachten, um sicherzugehen. Die Schizophrenie könne eine Schutzbehauptung sein, so ihre Befürchtung. Und zumindest die Vorbereitungen zu den Taten könne man nicht darauf abschieben.
Staatsanwaltschaft, Verteidigung und vor allem das Gericht finden ein weiteres Gutachten allerdings nicht nötig. Dazu bräuchte es «erhebliche Mängel» am Gutachten. Es gebe aber keine Zweifel. Auch eine nur teilweise Schuldunfähigkeit sei kein Thema, so das Gericht.
Stationäre Massnahme unbestritten
Die Anklage fordert wegen versuchten Mordes, Vergewaltigung, sexueller Handlungen mit Kindern und weiterer Delikte eine stationäre Massnahme von fünf Jahre. Bis zu einem allfälligen Therapieerfolg soll sie jeweils um fünf Jahre verlängert werden.
Der Verteidiger akzeptiert nicht alle der angeklagten Fälle. Für einige sei sein Mandant nicht verantwortlich. Auch er plädiert auf Schuldunfähigkeit.
Das Amtsgerichts Olten-Gösgen gibt sein Urteil am 11. November bekannt.