Die Anklage gegen die Unternehmerin Andrea Tandler wiegt schwer: Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, umgerechnet über 23 Millionen Franken Steuern hinterzogen zu haben. Das teilten die Ermittler am Dienstag mit. Mit Provisionen aus Maskengeschäften zu Beginn der Corona-Pandemie sollen Tandler und ihr ebenfalls angeklagter Partner gegen 50 Millionen Franken eingenommen haben. Eingefädelt hatten die beiden die Geschäfte in Bayern und anderen Bundesländern über Verbindungen zur Regierungspartei CSU. Tandlers Vater war einst CSU-Generalsekretär.
Riesige Rendite
Mandatiert worden war Tandler von der Zuger Firma Emix, die mit Maskengeschäften in Deutschland und der Schweiz mehrere hundert Millionen Franken umgesetzt haben soll. Zwei heute 25-jährige Zürcher Unternehmer wurden so im Frühling 2020 innert Wochen zu Multimillionären. Sie konnten wegen des Mangels an Schutzmaterial zeitweise Masken zu Stückpreisen von fast zehn Franken verkaufen.
Den Emix-Geschäftsführern warf die Münchner Staatsanwaltschaft keine strafbaren Handlungen vor, sie waren in der Strafuntersuchung nicht als Beschuldigte geführt. Eine Sprecherin der Firma wies zudem wiederholt darauf hin, dass Vorermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft wegen angeblichen Wuchers längst eingestellt worden seien.
Unterstützung aus Zürich
Tandler dagegen, die eine Werbeagentur betrieb, wird in Bayern nicht nur Steuerhinterziehung vorgehalten, sie wird auch der Geldwäscherei verdächtigt. Diese Strafuntersuchung sei noch im Gang, hält die Staatsanwaltschaft München fest. Dafür wurde die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich um Rechtshilfe ersucht, denn dieses mutmassliche Delikt könnte Tandler in der Schweiz begangen haben. Entsprechende Ermittlungen laufen.
Erich Wenzinger, Sprecher der Zürcher Staatsanwaltschaft, hält auf Anfrage von SRF Investigativ fest, dass die Staatsanwaltschaft München wegen des Geldwäscherei-Verdachts Rechtshilfe beantragt habe: «Dieses Verfahren ist derzeit in Bearbeitung», sagt Wenzinger. Für Tandler gilt die Unschuldsvermutung.
Lange Untersuchungshaft
Tandler und ihr Partner sitzen seit Ende Januar in Untersuchungshaft. Beide weisen die erhobenen Vorwürfe zurück. Dass die Beschuldigten verhaftet wurden, begründeten die Ermittler mit Fluchtgefahr. Sie befürchteten, dass sich die beiden nun Angeklagten in die Schweiz hätten absetzen können. Fahnder waren nämlich laut dem Nachrichtenmagazin «Spiegel» auf eine Wohnung in Davos gestossen, die sie der Familie Tandler zuordneten.
Weiter hängig ist das Anfang 2021 eingeleitete Strafverfahren der Zürcher Staatsanwaltschaft gegen die Verantwortlichen von Emix. Eine Strafanzeige gegen die Firma erhob den Vorwurf, Emix habe Masken von mangelhafter Qualität zu Wucherpreisen verkauft. Dies bestritt die Firma stets vehement. Es gilt die Unschuldsvermutung.