In der Schweiz zeigt man sein Gesicht. Das ist ein Grundsatz, der ab dem Jahr 2025 sogar gesetzlich verankert ist. Wer sein Gesicht verhüllt, kann künftig bestraft werden, mit einer Busse von maximal 1000 Franken. Der Bundesrat hat diese Verordnung am Mittwoch verabschiedet. Auslöser hierzu war die sogenannte «Burka-Initiative», welche die Stimmbevölkerung 2021 angenommen hatte.
Umsetzen müssen das Verhüllungsverbot nun die kantonalen Polizeikorps, was diese vor diverse Herausforderungen stellt. Der Kanton Bern beispielsweise kennt mit Interlaken eine Gemeinde, die von vielen arabischen Touristinnen besucht wird, teilweise auch von Frauen, die eine Burka oder einen Nikab tragen.
Wir gehen grundsätzlich mit Augenmass vor. Dennoch muss bei einem Verstoss mit einer Busse gerechnet werden.
Die Berner Kantonspolizei schreibt auf Anfrage von SRF, dass man das neue Gesetz «verhältnismässig» umsetzen werde. «Wir werden das Gespräch suchen und gehen grundsätzlich mit Augenmass vor. Dennoch muss bei einem Verstoss mit einer Busse gerechnet werden.»
Ähnlich klingt es auch in anderen Kantonen. Die Kantonspolizeien Luzern und Basel-Stadt schreiben, dass man die Mitarbeitenden in den nächsten Tagen über die neue Gesetzeslage informieren und sie darauf vorbereiten werde. Ob und mit wie vielen Fällen zu rechnen sei, dazu könne man derzeit noch nichts sagen.
Keine einzige Busse im Kanton St. Gallen
Zwei Kantone haben derweil bereits Erfahrungen mit einem Verhüllungsverbot, weil sie kantonal Gesetze erlassen hatten. Im Tessin hat die Bevölkerung schon 2013 einem Verhüllungsverbot zugestimmt. In der Folge hatte die Tessiner Polizei bis 2019 insgesamt 28 Bussen ausgesprochen, gegen Frauen «mit verschleierten Gesichtern». Seit der Coronapandemie sei dies aber kein Thema mehr, unter anderem «wegen des starken Rückgangs des Tourismus aus arabischen Ländern», sagte das Justizdepartement in der Zeitung «La Regione».
Im Kanton St. Gallen sind die Zahlen noch tiefer, beziehungsweise inexistent. Seit der Einführung des kantonalen Verhüllungsverbots habe man im Kanton noch keine einzige Busse ausgesprochen, sagt Florian Schneider von der Kantonspolizei St. Gallen. Dies habe allerdings damit zu tun, dass die kantonale Regelung eine zusätzliche Bedingung verlangt, nämlich dass von der verhüllten Person auch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen müsse, und solche Fälle seien in St. Gallen bislang schlicht nicht vorgekommen
Verhüllt oder vermummt?
Die Mehrheit der Kantone kennt derweil bereits ein Vermummungsverbot. Der Unterschied zum Verhüllungsverbot ist, dass sich ein Vermummungsverbot in der Regel explizit an die Teilnehmenden von bewilligungspflichtigen Veranstaltungen richtet. Namentlich geht es hier um Demonstrationen oder Sportveranstaltungen.
Die Umsetzung ist allerdings auch in diesen Fällen schwierig, weil vermummte Demo-Teilnehmende oder Sportfans oft nur mit grossem Aufwand identifiziert werden können.
Im Kanton Luzern beispielsweise hat die Polizei in den letzten fünf Jahren im Schnitt weniger als fünf Bussen pro Jahr ausgestellt, in St. Gallen waren es im selben Zeitraum rund 16 Bussen pro Jahr. Aus dem Kanton Basel-Stadt heisst es, man habe Verstösse gegen das Vermummungsverbot aus Gründen der Verhältnismässigkeit bisher nur in Ausnahmefällen geahndet. Die Einführung eines Verhüllungsverbots dürfte an diesen Zahlen wohl nur wenig ändern.