Derzeit leiden sehr viele Kinder und Jugendliche an Lungenentzündungen. Der Grund dafür sind Bakterien, sogenannte Mykoplasmen. In verschiedenen Kinderspitälern macht sich der Anstieg seit dem Sommer bemerkbar, weil ein Teil der Kinder hospitalisiert werden muss. Die Bakterien scheinen aber nicht in allen Regionen gleich stark verbreitet zu sein.
Neue Rekordwerte erreicht
Seit Mai dieses Jahres stiegen die Infektionszahlen am Kinderspital Zürich an und erreichten im Juli ein Rekordhoch: knapp 40 Fälle registrierte das Spital, die Hälfte der Erkrankten musste stationär behandelt werden. Die Zahl der Mykoplasmen-Infektionen war damit im Juli fast viermal so hoch wie zu Spitzenzeiten vor der Pandemie. Noch immer bewegt sich die Anzahl Fälle auf sehr hohem Niveau, zumindest in Zürich verzeichnet man aktuell aber eine leichte Abnahme.
Infektiologe Patrick Meyer Sauteur gibt Entwarnung: «Grundsätzlich ist diese Mykoplasmen-Lungenentzündung nicht gefährlich. Die Infektionen sind nicht schwer. Der Grund für die Hospitalisation ist, dass die Erkrankten zusätzlichen Sauerstoff benötigen.» In der Regel sei jedoch keine Behandlung auf der Intensivstation nötig.
Nachwirkungen der Corona-Zeit
Die aktuelle Häufung der Fälle sind sehr wahrscheinlich eine Folge der Corona-Pandemie. Viele Infektionskrankheiten waren während dieser Zeit fast verschwunden und kamen danach stärker zurück. Auch auf die Mykoplasmen ist das Immunsystem derzeit etwas weniger vorbereitet als noch vor den Pandemiejahren, erklärt Patrick Meyer Sauteur. «Bei den Mykoplasmen sehen wir das etwas verzögert. Aber beim Wiederauftreten kam es nun zu einem deutlichen Peak. Das lässt sich schon auf die fehlende Immunität nach Corona zurückführen.»
Bereits im vergangenen Sommer wurden erstmals wieder Mykoplasmen-Infektionen registriert. Die hohe Anzahl jetzt sei vermutlich darauf zurückzuführen, dass sich Mykoplasmen sehr langsam teilten und auch sonst sehr spezielle Bakterien seien, so Meyer Sauteur.
Mehr Fälle auch in Basel und Bern
Auch das Universitäts-Kinderspital beider Basel stellte im August einen starken Anstieg der Lungenentzündungen durch Mykoplasmen fest. So wurden im Spital ungefähr drei Kinder pro Woche behandelt. Normalerweise war es ein Kind pro Monat. Anders als in Zürich ist in Basel momentan keine Abnahme der Fälle zu beobachten.
In der Kinderklinik des Inselspitals Bern hingegen seien die Zahlen schon vor einem Jahr angestiegen – und seither durchgehend hoch, sagt Chefarzt Christoph Aebi: «Wir sehen normalerweise auch saisonale Schwankungen - mehr Infektionen im Herbst und weniger in den warmen Monaten. In diesem Jahr sehen wir an unserem Standort eine hohe Aktivität, bis und mit in den Juli.» Die hohen Fallzahlen halten unverändert an.
Auffällig sei, dass verhältnismässig viele Patientinnen und Patienten spitalpflichtig seien und für einige Tage Sauerstoff benötigten, so die Medienstelle des Inselspitals. Ansonsten seien die Erkrankungen nicht schwerer als üblich, die mittlere Hospitalisationsdauer betrage fünf Tage.
Trotz der höheren Fallzahlen von Mykoplasmen-Lungenentzündungen müssten Eltern keine speziellen Vorkehrungen treffen, so die Experten.