Es hat nur gerade eine Handvoll Männer im Auditorium der Kantonsschule Zürich Nord an diesem Mittag – die klare Mehrheit der gut 70 Anwesenden sind Frauen. Sie verzichten auf ihre Mittagspause wegen Gülsha Adilji.
Die frühere Jugend-TV-Moderatorin diskutiert mit den Schülerinnen über berühmte Frauen wie Schauspielerin Emma Watson, die sich als Feministin bezeichnet und gleichzeitig mit freizügigen Auftritten das männliche Publikum bedient. «Müssen denn jetzt alle erfolgreichen, talentierten Frauen ihre Boobs in die Kamera halten?», fragt Adilji.
Gleichberechtigung ist ein Thema, das alle angeht.
Es entsteht eine angeregte Diskussion über Feminismus. Das freut die 17-jährige Anaïs Rufer, Mitorganisatorin der Aktionswoche: «Darüber reden hilft. Gleichberechtigung ist ein Thema, das alle angeht», so die Gymnasiastin.
Mit ihrer Aktion wollen Rufer und ihre Mitstreiterinnen aufmerksam machen auf den Sexismus, den es ihrer Meinung in der Bildung immer noch gibt. Den anwesenden Gymnasiastinnen fallen sofort Beispiele dafür ein: «Von ganz banalen Sachen wie einer Lehrkraft, die sagt, sie brauche zwei starke Jungs, die den Tisch verschieben», sagt eine Schülerin, bis hin zu ... «Sportunterricht», ächzt eine andere. «In vier Jahren habe ich nur Yoga gemacht». Erstere bemerkt: «Wir Frauen haben kein einziges Mal Fussball gespielt.»
Kritisiert werden ausserdem klischierte Rollenbilder in den Lehrmitteln oder die männlich dominierte Literaturliste im Deutschunterricht, wie Rufer sagt: «Wir lesen fast ausschliesslich von männlichen Autoren. Es gibt gute Autorinnen und es wäre schön, würden wir sie auch mehr lesen.»
Es gibt gewisse Kritikpunkte, die wir aufnehmen und an denen wir arbeiten möchten.
Die Schülerinnen formulieren ihre Kritik bewusst plakativ – sie wollen aufrütteln. Andreas Niklaus, Rektor der Kantonsschule Zürich Nord, begrüsst diese Diskussion, findet aber auch: «Wir haben an der Kantonsschule kein prinzipielles Problem mit Sexismus.» Er sehe allerdings, «dass es gewisse Kritikpunkte gibt, die wir aufnehmen und an denen wir arbeiten möchten».
Kritisch reflektieren
Niklaus nennt als Beispiel die Kritik am hohen Anteil männlicher Autoren auf der Literaturliste: «Im Lehrplan ist vorgeschrieben, dass Literatur aus verschiedenen Epochen gelesen wird. Wichtig ist mir, dass in der nachfolgenden Diskussion kritisch hinterfragt wird und auch verglichen wird mit der Gesellschaftsstruktur, wie sie jetzt ist.»
Die Organisatorinnen der Aktionswoche hoffen aber, dass sie grundsätzliche Veränderungen bewirken können, wie Rufer sagt: «Im Anschluss an diese Woche möchten wir gerne mit klaren Forderungen an die Schulleitungen gehen und versuchen, etwas zu ändern.» Damit von ihrer Aktion mehr übrig bleibt als nur die Erinnerung an ein paar angeregte Diskussionen über Feminismus.