Darum geht es: Die Schweiz erlaubt die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare («Ehe für alle») nicht. Zwar besteht für sie seit 2007 die Möglichkeit, ihre Partnerschaft eintragen zu lassen. Dies ist aber nicht mit denselben Rechten und Pflichten verbunden.
Künftig sollen die Bestimmungen, die sich auf die Ehe beziehen, auch auf gleichgeschlechtliche Paare Anwendung finden. Das führt unter anderem zu einer Gleichstellung bei den Einbürgerungsvoraussetzungen und bei der gemeinschaftlichen Adoption.
Das sind die Streitpunkte: Besonders umstritten ist der Zugang zu Samenspende für lesbische Ehepaare. Dieser Punkt könnte die gesamte Vorlage gefährden. Auch die Anpassungen bei der Hinterlassenenrente teilen die Meinungen.
Das sind die Befürworter: SP, Grüne, Grünliberale und praktisch die gesamte FDP – sie bilden seit den letzten Wahlen die Mehrheit des Parlaments.
Das sind die Gegner: Fast die gesamte SVP und ein Teil der CVP. Allerdings unterstützt die CVP einen Kompromissvorschlag (die sogenannte Kernvorlage), welche Samenspenden für lesbische Paare verbietet, die Ehe für alle und die Adoption von Kindern aber erlaubt.
Das sind die Argumente der Befürworter: Wichtigstes Argument ist die Gleichstellung und die Beseitigung von Diskriminierung. Die Ehe sei der einfachste zivilrechtliche Vertrag für die Regelung vieler Fragen, sagte Beat Flach (GLP/AG) zu Beginn der Debatte, sie sei ein Instrument einer liberalen Gesellschaft, zwei Individuen Rechte aber auch Pflichten zu verleihen. «Dieses Institut nur heterosexuellen Paaren vorzuenthalten ist diskriminierend und in einer modernen Gesellschaft wie der Schweiz nicht mehr angebracht.»
Auch das Kindeswohl führen die Befürworter an: Bereits gebe es 13'000 Regenbogenkinder in der Schweiz. «Geben wir diesen Kindern und Familien den nötigen Schutz», so SP-Nationalrätin Tamara Funicello (BE) – und plädierte dafür, das Gesetz der bereits gelebten Realität anzupassen.
Das sind die Argumente der Gegner: Nach Ansicht der Gegner genügt die eingetragene Partnerschaft als rechtlicher Rahmen für gleichgeschlechtliche Beziehungen aus, wie auch Yves Nidegger (SVP/GE) ausführte. Pirmin Schwander (SVP/SZ) plädierte zudem dafür, dass zunächst eine breite öffentliche Diskussion über den Begriff der Ehe geführt werden müsse – und zwar auf Verfassungsebene und nicht auf Gesetzesstufe.
Das Kindeswohl führten auch die Gegner ins Feld. Verena Herzog (SVP/TG) kritisierte die Forderung, auch lesbischen Ehepaaren die Samenspende zu erlauben.
Und der Bundesrat? Auch der Bundesrat will, dass gleichgeschlechtliche Paare heiraten können – befürwortet aber eine etappenweise Umsetzung der Öffnung der Ehe. Eine Erweiterung auf heikle politische Fragen wie den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin könnten den Erfolg der Vorlage als Ganzes gefährden oder das Inkrafttreten um Jahre verzögern, schreibt er in einer Stellungnahme. Diese Frage müsse vertieft geprüft werden. Dazu hat er eine interdisziplinäre Gruppe von Expertinnen und Experten eingesetzt.
So geht es weiter: Eigentlich war vorgesehen, dass die Debatte am Nachmittag weitergeht, doch sie ist auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Tamara Funicello twitterte enttäuscht:
Nach der Detailberatung kommt die Vorlage vor den Ständerat. Eines lässt sich jetzt aber schon sagen: Das letzte Wort wird wohl das Stimmvolk haben, denn egal ob mit oder ohne Samenspende, die kleine evangelikale Partei EDU hat bereits das Referendum gegen die Ehe für alle beschlossen.