Eine Abwahlversicherung ist aus Sicht von Barbara Dillier, der neuen Stadtpräsidentin von Rapperswil-Jona, ein unzeitgemässes Privileg. Das schaffe nur zusätzliche Kosten, die der Steuerzahler bezahlen müsse. Deshalb hat sie gemeinsam mit dem Stadtrat kurz nach ihrer Wahl die Abwahlversicherung in Rapperswil-Jona abgeschafft.
Eine Abwahlversicherung ist ein unzeitgemässes Privileg.
«Eine moderne bürgernahe Politik braucht Transparenz, Fairness und Verantwortungsbewusstsein», sagt die neue Stadtpräsidentin. Der Stadtrat hat die Versicherung bei der Thurgauer Bürgschaftsgenossenschaft gekündigt. Die Stadt spart damit maximal ein Prozent der Lohnsumme.
Finanziell gut gebettet wäre zurzeit ein abgewählter Stadtpräsident in Frauenfeld. Dort ist im Vorsorgereglement festgeschrieben, dass bis zum Pensionsalter konstant 50 Prozent des Lohns ausbezahlt wird, auch bei jungen Abgewählten. Hier gibt es Bestrebungen auf das Modell der Abwahlversicherung zu wechseln.
Frauenfeld will neu eine Abwahlversicherung
Für den abtretenden Frauenfelder Stadtpräsidenten Anders Stockholm macht eine Abwahlversicherung durchaus Sinn. «Die Zeiten für einen goldenen Fallschirm sollten vorbei sein», sagt Stokholm. Aber als Stadtpräsident oder Stadträtin stehe man stark in der Öffentlichkeit und müsse einiges einstecken.
Das Geld ist gut investiert.
«Wenn man als Dank für die Arbeit dann die Abwahl hat, glaube ich schon, dass sich die nachfolgende Generation überlegt: Will ich das Amt überhaupt?» Deshalb lohne sich eine Abwahlversicherung: «Das Geld ist gut investiert».
Die Prämie soll in Frauenfeld künftig halbe-halbe auf die Stadt und auf den Amtsträger verteilt werden. Sie würde die Stadt für vier Stadträte rund 2900 Franken im Jahr kosten.
Es gibt auch die gegenteilige Haltung
Thomas Widmer, Politikwissenschafter der Uni Zürich, glaubt nicht an die Anreizfunktion solcher Absicherungen. «Die finanzielle Absicherung nach einer möglichen Abwahl aus einem politischen Mandat steht bei der Überlegung, ob jemand ein Amt antritt, nicht im Vordergrund», ist Widmer überzeugt.
Es seien die Attraktivität der Aufgabe und möglicherweise die Entschädigung während der Amtstätigkeit, welche den Entscheid beeinflussen, sagt Widmer.
Ich schliesse nicht aus, dass es Politikerinnen oder Politiker gibt, die sich lieber abwählen lassen, als selber zurückzutreten.
Der Politikwissenschafter schliesst nicht aus, dass es Politikerinnen oder Politiker gibt, die sich lieber abwählen lassen, als selber zurückzutreten. Dies sei natürlich nicht im Sinne der Institution. Wenn jemand allerdings unverschuldet ein Amt verliere, zum Beispiel dann, wenn sich die politischen Verhältnisse ändern, dann mache eine solche Versicherung durchaus Sinn. Die Politiker können sich auch selber versichern und die volle Prämie selber bezahlen.
Es komme zurzeit vor, dass Exekutivpolitikerinnen und -politiker ihre Wiederwahl gefährden, indem sie beispielsweise im Gesundheitsbereich Spitäler schliessen, sagt Politikwissenschafter Thomas Widmer. Grundsätzlich seien Abwahlen aber noch immer Ausnahmen.