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Grenztierärztlicher Dienst Beschlagnahmte Junghaie, ein Gecko und Trophäen aus Afrika

Tiere und tierische Produkte werden zu Tausenden per Luftfracht in die Schweiz importiert. Darunter auch geschützte Arten, die der Bewilligungspflicht unterstehen.

Es ist ein spezieller Anruf, den Catherine Paine, leitende Grenztierärztin am Flughafen Zürich, im Dezember 2024 erhält. Im Frachtraum einer Swiss-Maschine wurde ein blinder Passagier der speziellen Art entdeckt: ein Gecko. Das ist ein Fall für die Grenztierärztin. Kurz darauf erhält Catherine Paine das Reptil zur Kontrolle, geschützt unter einem Plastikbecher. «Ich gehe davon aus, dass das Tier niemandem gehört und es aus Versehen aus Asien in die Schweiz eingereist ist. Jetzt muss ich überprüfen, ob das Tier gesund und ob es eine geschützte Art ist», erklärt Paine.

Gecko in einer Petrischale auf grünem Hintergrund.
Legende: Ein blinder Passagier der speziellen Art: ein Gecko entdeckt zwischen Koffern im Frachtraum eines Flugzeugs. SRF / Christof Schneider

Die Kontrolle ergibt: Der Gecko ist keine geschützte Art, «somit können wir für ihn ein Plätzchen bei einer Tierhalterin in der Schweiz suchen», sagt Paine. Denn für solche Fälle haben die Grenztierärztinnen und -ärzte des Flughafens Zürich ein Netzwerk von Personen, die bereits Tiere halten und solche Tiere ohne Besitzerin oder Besitzer übernehmen können.

Für den Gecko dauert die Suche nach einem neuen zu Hause kurz: Catherine Paine erhält innert einer halben Stunde die Zusage einer Person aus der Region Zürich, die den Gecko übernehmen kann.

Katzen reisen im Frachtraum

Die nächste tierische Fracht begutachtet Catherine Paine in Boxen: zwei Katzen aus Australien. Sie reisten separiert von ihrer Halterin, denn Tiere reisen oft im Frachtraum des Flugzeugs. «Im Frachtraum gibt es in der Regel ein Abteil für lebende Tiere, das entsprechend temperiert ist», erklärt Catherine Paine, «die Situation für reisende Tiere im Flugzeug ist somit tiergerecht». Ob die Halterin ihre zwei Katzen bald abholen kann, hängt von der bevorstehenden Kontrolle durch die Grenztierärztin ab. Hierfür stellt sie die zwei Boxen in einen grossen Zwinger, damit die Katzen dort aus ihren Transportboxen gelassen werden können.

Person im grünen Anzug in Käfig mit zwei Katzen.
Legende: Mit den zwei Katzen aus Australien ist alles in Ordnung, sie sind geimpft und gechippt. SRF / Christof Schneider

«Ich überprüfe jetzt, ob die Katzen gechippt und gegen Tollwut geimpft sind und ob die Angaben auf den Frachtdokumenten stimmen», erklärt Catherine Paine und öffnet die zwei Transportboxen. Die Kontrolle ergibt: mit den Katzen ist alles in Ordnung, sie können der Halterin übergeben werden.

Achtung bei Einreise aus Tollwutrisikoland

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Weil Hunde, Katzen und Frettchen an Tollwut erkranken können, gelten bei der Einreise respektive Rückreise in die Schweiz besondere Vorschriften.

Wer mit einem solchen Tier aus einem Tollwutrisikoland wie beispielsweise Ägypten oder die Türkei einreist, muss eine Tollwutimpfung vorweisen sowie einen Bluttest, der mindestens drei Monate alt ist – so kann sichergestellt werden, dass sich im Blut genügend Antikörper befinden.

Während die Katzen aus Australien den Kontrollraum verlassen können, befindet sich ein Mischlingshund seit zwei Tagen im Quarantäneraum. Sein Halter wollte ihn aus einem Tollwutrisikoland in die Schweiz importieren.

Tierärztinnen untersuchen einen kleinen Hund.
Legende: Dieser Hund musste der Halter vorübergehend abgeben, weil er nicht alle Dokumente der Tollwutimpfung vorlegen konnte. SRF / Christof Schneider

Doch er versäumte es, einen Bluttest zu machen. «Dieser Test ist zwingend, wenn man aus einem Tollwutrisikoland einreist. Er belegt, dass es im Blut Tollwut-Antikörper gibt.» Diesen Test haben daher die Grenztierärztinnen gemacht. Die Kosten für den Bluttest muss der Hundehalter übernehmen. Erst wenn dieser Test positiv (genügend Antikörper gegen das Tollwutvirus) ausfällt, kann der Hund dem Halter übergeben werden.

Grenztierärztlicher Dienst

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Die Mitarbeitenden des Grenztierärztlichen Dienstes an den Flughäfen Zürich und Genf arbeiten beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV. 

Sie überprüfen, ob lebende Tiere und Produkte tierischen Ursprungs aus Drittstaaten bei der Ein- und Durchfuhr den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Bei den Kontrollen geht es um die Tiergesundheit, die Lebensmittelhygiene und den Artenschutz.

Am Flughafen Zürich arbeiten zehn Personen für den Grenztierärztlichen Dienst.

2024 gab es insgesamt 379 Beanstandungen an den Flughäfen Zürich und Genf im Zusammenhang mit dem Import von Hunden und Katzen.

Das zeigen die Zahlen des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV. In den meisten Fällen waren die Tiere nicht gechippt, nicht geimpft oder der Impfnachweis (Bluttest) fehlte.

Mantel und Handschuhe aus Pythonleder

Catherine Paine und ihre Mitarbeitenden kontrollieren nicht nur lebende Tiere, sondern auch tierische Lebensmittel und Produkte im Hinblick auf Qualität und Artenschutz. Viele dieser Produkte werden per Post in die Schweiz importiert. Verdächtige Pakete schickt die Post dem Grenztierärztlichen Dienst zur Überprüfung, wie das folgende verdächtige Paket aus der Ukraine. Catherine Paine öffnet behutsam das Paket und tatsächlich: Ein bodenlanger Schlangenledermantel sowie Handschuhe und ein Hut aus demselben Schlangenleder befinden sich im Paket.

Frau in Warnweste hält Schlangenhaut vor Regalen.
Legende: Dieser Mantel aus Pythonleder wurde beschlagnahmt, weil keine gültige Bewilligung vorliegt. SRF / Christof Schneider

Catherine Paine begutachtet den Mantel: «Für dieses Kleidungsstück wurde das Leder von mehreren Pythons verwendet. Da eine gültige Bewilligung fehlt, müssen wir es beschlagnahmen.» Die Grenztierärztin verfasst eine entsprechende Verfügung. Der Importeur muss die Verfahrenskosten übernehmen und mit einem Strafverfahren rechnen.

Tintenfische und geschützte Junghaie

Lebensmittel, die von ausserhalb der EU in die Schweiz importiert werden, unterziehen die Grenztierärztinnen und Grenztierärzte ebenfalls einer Kontrolle. Bei diesen Kontrollen geht es um hygienische Kriterien und um den Artenschutz.

Soeben ist eine Lieferung aus Sri Lanka eingetroffen. Laut den Frachtdokumenten sollen neben Krebsen und Tintenfischen auch Junghaie in der Lieferung enthalten sein. Ein möglicher Fall von Artenschutz: «Heute sind praktisch alle Haiarten geschützt, deshalb müssen wir diese Junghaie überprüfen», erklärt Catherine Paine.

Catherine Paine öffnet die Kiste mit der Hai-Lieferung. «Auf den ersten Blick sieht es danach aus, dass es Schwarzspitzen-Riffhaie sind, das ist eine geschützte Art», erklärt Paine. Um die Art definitiv zu bestimmen, entnimmt die Grenztierärztin einem der toten Haie eine Probe. «Durch die Analyse der Probe kann die Art definitiv bestimmt werden.»

Eine Woche später ist das Resultat bekannt: Es sind geschützte Haie. «Da keine gültige Bewilligung für den Import dieser Tiere vorgelegt werden konnte, bedeutet das, dass sie eingezogen und vernichtet werden.»

Die Beanstandungen im Bereich Tierseuchen, Lebensmittelsicherheit und Artenschutz haben in den letzten Jahren zugenommen, wie die entsprechenden Zahlen des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV zeigen. Dabei handelt es sich um die Zahlen der Grenztierärztlichen Dienste an den Flughäfen Zürich und Genf.

Die tiefen Zahlen von 2020 und 2021 stehen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, die zu einer massiven Abnahme des Personen- und Warenverkehrs führte.

Achtung beim Kauf von Souvenirs

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Jedes Jahr beschlagnahmen Behörden zahlreiche Gegenstände aus geschützten Tieren und Pflanzen. «Dies, weil insbesondere bei Tierprodukten, die durch das Artenschutzabkommen CITES geschützt sind, keine Dokumente vorgelegt werden können, die den gesetzeskonformen Handel belegen. Gerade Souvenirs sind häufig betroffen», erklärt der Leiter Fachbereich Einfuhr aus Drittstaaten des BLV, Erik Fröhlicher.

Dass die Anzahl der Beanstandungen in den letzten Jahren zugenommen hat, erklärt der Leiter Fachbereich Einfuhr aus Drittstaaten des BLV, Erik Fröhlicher, auch mit verbesserten Kontrollen: «In Zusammenarbeit mit dem Zoll haben wir insbesondere bei den Postpaketen die Kontrollmethoden verbessert, was zu einer engmaschigeren Kontrolle und zu mehr Beschlagnahmungen von tierischen Produkten geführt hat.»

Sind die Trophäen aus Afrika korrekt präpariert?

Die engmaschigere Kontrolle von Paketen durch den Grenztierärztlichen Dienst und den Zoll führt dazu, dass jeden Tag neue verdächtige Pakete aus der ganzen Welt in den Räumlichkeiten der Grenztierärztinnen und Grenztierärzte am Flughafen Zürich ankommen.

Heute steht unter anderem eine grosse Frachtsendung für die Kontrolle bereit. Laut den Frachtdokumenten kommt sie aus einem afrikanischen Land und enthält Jagdtrophäen. Die Einfuhr solcher Trophäen ist erlaubt. Entscheidend für den Grenztierärztlichen Dienst ist, ob die Informationen der Frachtdokumente mit den erlegten Tieren übereinstimmen, ob gültige Bewilligungen beiliegen und ob die Trophäen korrekt präpariert sind.

Tierkopf in Verpackungsmaterial.
Legende: Dieses Weissschwanzgnu wurde in einem afrikanischen Land erlegt, die Trophäe ist korrekt präpariert und kann in die Schweiz importiert werden. SRF / Christof Schneider

Vorsichtig öffnet Catherine Paine das grosse Paket und schneidet behutsam eine Plastikverpackung auf. Zum Vorschein kommt der Schädel eines Gnus. «Der Schädel ist korrekt präpariert, es finden sich keine Gewebereste mehr am Knochen», erklärt Catherine Paine beim genauen Anblick des Schädels.

Aus der zweiten geöffneten Plastikverpackung blickt ein Glasauge. Es ersetzt das Auge eines ganzen Weissschwanzgnukopfs. Auch dieser Kopf gehört zu den Trophäen, die ein Schweizer Jäger in einem afrikanischen Land erlegte und in die Schweiz importieren will. Die Kontrolle des Gnukopfs ergibt: alles in Ordnung. Nach dieser letzten erfolgreichen Kontrolle kann Catherine Paine nun Feierabend machen.

10vor10, 18.2.2025, 21:50 Uhr;stal

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