Der Winter ist da. Das beweisen nicht nur die ersten Schneeflocken, das ist auch am Husten und Niesen vielerorts zu hören. Und das zeigt sich jetzt auch in den Zahlen. Der Bund hat einen Anstieg der grippeähnlichen Erkrankungen registriert. Infektiologe Jan Fehr erklärt die Gründe dafür.
SRF News: Warum beobachten wir derzeit einen Anstieg der grippeähnlichen Erkrankungen?
Jan Fehr: Das ist nicht ganz einfach auszuklamüsern. Eine Überlegung ist, dass die Pandemie und die getroffenen Massnahmen hier eine wesentliche Rolle spielen. Die Leute mussten sich schützen, es gab wenig Viren-Übertragungen insgesamt und deshalb tiefere Fallzahlen.
Es ist schwierig abzuschätzen, ob das schon eine Welle ist.
Aber es gab auch weniger Gelegenheit für das Immunsystem, sich auf diese grippeähnlichen Erkrankungen und die kursierenden Viren vorzubereiten. Gerade bei Kindern, die das zum Teil noch nicht gesehen haben und bei denen das Immunsystem noch nicht vorbereitet ist, könnte das eine Rolle spielen und eigentlich Tür und Tor für mehr Infektionen öffnen.
Kann man schon von einer Grippewelle sprechen?
Es ist schwierig, im jetzigen Stadium abzuschätzen, ob das schon eine Welle ist oder einfach der Beginn. Aber es ist tatsächlich so: Wir sehen früher als in anderen Jahren – und auch vor den Pandemiejahren – einen gewissen Anstieg.
Es steigen ja nicht nur die Zahlen der grippeähnlichen Infektionen, Spitäler verzeichnen zum Beispiel auch viele Bronchitis-Fälle. Erkranken dieses Jahr mehr Menschen an Atemweginfektionen?
Auch hier ist es wieder nicht ganz einfach, die Übersicht zu behalten oder zu bekommen – aus diversen Gründen. Wir haben immer auch noch die Corona-Infektionen, die wir mitdenken müssen und die das Bild ein bisschen unklar machen. Aber wie gesagt, wenn wir uns die Zahlen vom Bundesamt für Gesundheit anschauen und auch diejenigen kantonaler Laboratorien, dann sehen wir schon eine Zunahme der respiratorischen Infektionen. Und der Grund dafür könnte eben auch sein, dass das Immunsystem nicht vorbereitet ist.
Die Frage ist ein bisschen, wann und wie stark wird das Gesundheitssystem in Mitleidenschaft gezogen?
Wenn wir jetzt noch einen Blick in die Zukunft wagen: Wie sind da Ihre Prognosen in puncto Atemwegserkrankungen? Normalisiert sich das auch wieder?
Mit Prognosen ist es so eine Sache, wie wir in den letzten zwei, drei Jahren gelernt haben. Es ergibt sich doch immer wieder auch eine Normalisierung. Die Frage ist ein bisschen, wann und wie stark wird das Gesundheitssystem in Mitleidenschaft gezogen? Und hier können wir – Stand jetzt – noch keine Aussagen machen. Wichtig ist, dass wir wachsam sind und Massnahmen treffen, damit wir auch auf diese Situation gut vorbereitet sind. Eine Situation, die allenfalls in Zukunft auch noch akzentuierter ausfallen könnte.
Das Gespräch führte Nina Gygax.