Die Züge fahren pünktlicher als auch schon. Die Passagiere sind grossmehrheitlich zufrieden mit der Bundesbahn. Doch eigentlich steckt die SBB in ihrer grössten Krise: Wegen Corona sitzt die Bahn auf über zwei Milliarden Franken neuen Schulden.
Wäre der Bund im September nicht mit einer Finanzspritze von fast einer Milliarde Franken eingesprungen, wäre die SBB zahlungsunfähig geworden. Die ausbleibenden Passagiere in der Pandemie und der damit verbundene Ticketausfall haben ein riesiges Loch in die SBB-Kasse gerissen. Und die Passagiere sind noch nicht alle zurück. Trotzdem investiert die SBB nun zwei Milliarden Franken in neue Regionalzüge. Also fast so viel Geld, wie sie neue Schulden aufgetürmt hat.
SBB rechnet mit viel mehr Passagieren
SBB-Chef Vincent Ducrot scheint das nicht sonderlich zu besorgen. Etwas verschmitzt bemerkte er heute, es sei ganz interessant, in der Krise neue Züge zu kaufen – man erhalte nämlich gute Preise der Hersteller. Die Kantone hätten das Zugsangebot auch so bestellt. Und man müsse jetzt investieren, viele Züge würden altersschwach. Doch die SBB kann nur dank der Finanzspritze des Bundes – also dank einer zusätzlichen Milliarde Steuergelder – jetzt diesen Grossauftrag auslösen.
Die SBB rechnet damit, dass sie bis zur Ablieferung der Züge 2025 nicht nur gleichviel Pendlerinnen und Pendler befördert wie heute, sondern sogar noch mehr. Die Bahn plant, bald nochmals 200 Regionalzüge mehr zu kaufen, für einen starken Angebotsausbau. Die Szenarien der SBB gehen weiterhin von einer stark wachsenden Passagierzahl aus.
Krise könnte noch länger dauern
Nur: Im Moment liegt die Auslastung der Züge immer noch rund ein Viertel unter dem Niveau vor Corona. Viele Unternehmen haben angekündigt, ihren Mitarbeitenden auch nach der Pandemie Homeoffice zu ermöglichen oder sogar stark zu fördern. Die Mobilität scheint sich gerade stark zu verändern.
Ob die SBB trotzdem recht behalten wird und sie schon in ein paar Jahren neue Pendler-Rekordzahlen vermelden wird? Es ist eine Wette mit der Zukunft. Eine Wette, die sie zwei Milliarden Franken kostet – für neue Züge.