Die grösste Militärübung in der Schweiz seit über dreissig Jahren geht zu Ende. 5000 Armeeangehörige übten im Rahmen von «Pilum 22» im Mittelland eine Woche lang den Verteidigungsfall.
Übungsleiter Divisionär René Wellinger zog eine erste Bilanz. Die Armee habe viele Erfahrungen gewinnen können, sagte er vor den Medien in Aarau.
Bei Kommunikation harzte es
Nachholbedarf sieht er vor allem in der Kommunikation. Bei den vielen Hügeln und Wäldern in der Schweiz müsse das richtige Funkgerät am richtigen Ort eingesetzt werden. Sonst gebe es keine Verbindung, so Wellinger.
Dies sei der grosse Unterschied vom Simulator zu einer «richtigen» Übung. «Wenn der Kommandant seinen Posten 15 Kilometer von seinem Bataillon entfernt hat, dann muss er entweder hinfahren oder der Funk muss funktionieren.»
Die Übung wird im Nachgang im Detail ausgewertet. Es ist noch nicht entscheiden, wann und in welchen Abständen ähnliche grosse Übungen durchgeführt werden. Die Erkenntnisse von «Pilum 22» sollen in die künftige Entwicklung der Bodentruppen einfliessen.
Ernsthaftigkeit auch wegen Ukraine
Divisionär René Wellinger erwähnte positiv, dass die Soldaten trotz hoher Belastung ernsthaft bei der Übung mitgemacht hätten. Dies sei sicher auch dem Krieg in der Ukraine geschuldet. Gut sei auch die Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei Aargau gewesen.
Ähnlich sieht es Brigadier Gregor Metzler, der Kommandant der eingesetzten Mechanisierten Brigade 11. Selbst seit den 1980er-Jahren in der Armee, habe er noch keine so grosse reale Übung erlebt. Er zieht ein positives Fazit. Es habe nur drei kleinere Unfälle mit Angehörigen der Armee gegeben.
Eine Bilanz zu Schäden an Strassen und Land hat Metzler aber noch nicht. Man habe versucht, solche Schäden wo immer möglich zu verhindern. Das sei anscheinend gut gelungen, abgesehen von beschädigten Randsteinen in einigen Gemeinden.
Die schwarzen Abdrücke auf den Strassen von den Kettenpolstern der Panzer seien in ein paar Tagen nicht mehr sichtbar. Laut der Armee gab es nur vereinzelt Meldungen zu Schäden bei der extra eingerichteten Telefonhotline.
Warum übt man nicht mit dem Ausland?
Bei «Pilum 22» wurde der Kampf der Schweizer Armee gegen Feinde aus dem Ausland geübt. Weshalb aber sah das Szenario keine Zusammenarbeit mit Verbündeten vor? Er als Kommandant des Heeres müsse in der Lage sein, einen etwa gleichwertigen Gegner bekämpfen zu können, meint Divisionär René Wellinger. «Woher der kommt und wo er steht, ist für mich sekundär.»
Ob künftig grenzübergreifende Manöver durchgeführt werden, müsse die Politik entscheiden – dies auch im Rahmen der Neutralitäts-Diskussion.