- Die USA und die Schweiz haben heute in Bern ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet. Das EDA übernimmt künftig den konsularischen Schutz hunderter US-Bürger in Venezuela.
- Nach guten Erfahrungen in anderen Fällen ist das State Department auf die Schweiz zugekommen. Eine politische Plattform («Faziliation») wäre im Rahmen der Guten Dienste zwar möglich, ist aber bis jetzt offenbar nicht vorgesehen.
- Venezuela kann im Gegenzug ein ähnliches Schutzmachtmandat für seine Bürger in den USA verlangen. Ein entsprechendes Gesuch ist bis jetzt nicht eingegangen.
- In Venezuela streiten Nicolas Maduro und Juan Guaidó, wer rechtmässiger Präsident des Landes sei. Die USA haben sich auf die Seite von Guaidó geschlagen, Russland unterstützt Maduro.
Bundesrat Ignazio Cassis hat die Übernahme des Schutzmachtmandats am Nachmittag gegenüber SRF bestätigt: «Wir haben eine diesbezügliche Anfrage von den USA erhalten, und ich konnte mich während meines letzten Besuchs in Washington darüber unterhalten. Jetzt hat es sich konkretisiert.»
Die Schweiz ergreife nicht Partei für die USA, «sondern stellt mit der Übernahme dieses Schutzmachtmandats die Guten Dienste als neutraler Staat zur Verfügung und vermittelt, damit eine Eskalation nicht stattfindet», sagt Cassis. Die Umsetzung hängt noch von der Zustimmung Venezuelas ab.
Guten Dienste von links bis rechts abgestützt
Erste Reaktionen von Aussenpolitikern zeigen: Die Guten Dienste der Schweiz sind von links bis rechts abgestützt. Hannes Germann, SVP-Ständerat aus Schaffhausen, sieht die Schweiz für ein solches Mandat bestens geeignet: «Wenn sie damit etwas zur Entspannung der Lage in Südamerika beitragen kann, dann ist das eine gute Sache.» Die Schweiz bewege sich sicher auf dem diplomatischen Parkett Sie müsse sich nicht fürchten, sich zwischen den Fronten zu bewegen.
Der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch kennt die Verhältnisse in Südamerika bestens: «Dass die Schweiz hier eine vermittelnde Rolle einnimmt, scheint sinnvoll zu sein – auch im Interesse der venezolanischen Bevölkerung.» Die Schweiz könne hier eine positive Rolle spielen, weil Venezuela auf eine humanitäre, aber auch auf eine politische Katastrophe zusteuere.
Müller: «Solche Mandate sind mit Vorsicht zu geniessen»
Erfreut reagiert auch der Solothurner CVP-Ständerat Pirmin Bischof: «Die Schweiz ist die typische Schutzmacht weltweit bei Konflikten. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht und auch die betroffenen Länder – etwa mit Kuba und den USA oder dem Konflikt der USA mit dem Iran, wo die Schweiz diese Interessen glaubwürdig und effizient vertritt.»
Etwas Kritik lässt Damian Müller, FDP-Ständerat aus Luzern, anklingen: «Ein solches Mandat ist immer auch mit Vorsicht zu geniessen, aber wenn wir unsere diplomatischen Dienste anbieten können, dann kann es hilfreich sein. Wir müssen vor allem auch schauen, dass wieder Ruhe einkehrt, weil es auch um die Sicherheit der Menschen vor Ort geht.»
Schweiz ist im Machtkampf neutral
Die Wahrung fremder Interessen hat Tradition: Ihren Höhepunkt hatten die Guten Dienste im Zweiten Weltkrieg. Heute hat die Schweiz noch die Schutzmachtmandate zwischen den USA und dem Iran, Russland und Georgien sowie Iran und Saudi-Arabien inne. Jeweils in beide Richtungen.
Im Fall von Venezuela ist die Interessenvertretung vorerst einseitig. Das Mandat braucht auch sonst Fingerspitzengefühl: Der Ausbruch eines Bürgerkriegs ist jederzeit möglich, dazu mischen die Grossmächte mit. Die USA unterstützt Juan Guaidó, Russland den Sozialisten Nicolás Maduro. Die Schweiz hat sich bis jetzt keinem der zwei Präsidenten zugeordnet, war aber an der Inauguration Maduros nach seiner umstrittenen Volkswahl nicht abwesend.