- Nach dem Ständerat will auch Nationalrat die Möglichkeiten zur Prävention von Terroranschlägen ausweiten.
- Eine Präventivhaft für Gefährder lehnte er ab. Diese wäre laut Bundesrat nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar.
- Dem Hausarrest stimmte der Nationalrat zu. Dieser kann bereits ab 15 Jahren verfügt werden.
Wenn jemand einer Terrororganisation angehört oder schon einen Anschlag vorbereitet, kommt direkt das Strafrecht zum Zug. Sofern die Hinweise für ein Strafverfahren oder strafprozessuale Massnahmen aber nicht ausreichen, sind den Behörden die Hände gebunden. Das will der Bundesrat angesichts der «potenziell schweren Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit» ändern.
Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) soll gegenüber terroristischen Gefährdern eine Melde- und Gesprächsteilnahmepflicht, Kontaktverbote, Rayonverbote, Hausarrest oder Ausreiseverbote verhängen dürfen.
Ausgiebig diskutiert wurde der Hausarrest. Diese Massnahme muss von einem Gericht geprüft werden und soll bereits ab 15 Jahren verhängt werden können. Gegner sprachen von «Beugehaft», die nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vereinbar sei.
Die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats machte sich für eine zusätzliche Verschärfung stark: Sie beantragte eine «gesicherte Unterbringung von Gefährdern». So sollten Personen aus dem Verkehr gezogen werden, die etwa zu Gewalt und Terror aufrufen, Terror finanzieren oder diesen unterstützen.
Ich habe etwas Mühe, wenn ich Ihnen das hier jetzt sagen muss: Aber unschuldige Kinder einsperren, das ist schlecht.
«Wie viel Freiheit und Rechtsstaat sind wir bereit zu opfern?», fragte Katja Christ (GLP/BS) rhetorisch. «Meine Schweiz will ein Instrument einführen, das sie bei anderen Ländern kritisiert», sekundierte Marianne Schlatter (GLP/ZH) mit Blick auf die Präventivhaft. Wer die eigenen Grundrechte aufgebe, spiele den Terroristen in die Hände.
Frankiska Roth (SP/SO) warnte, dass die Polizei künftig versucht sein könnte, Menschen willkürlich einzusperren. Schliesslich wolle sich niemand dem Vorwurf aussetzen, einen Anschlag nicht verhindert zu haben. Léonore Porchet (Grüne/VD) befand: «Ich habe etwas Mühe, wenn ich Ihnen das hier jetzt sagen muss: Aber unschuldige Kinder einsperren, das ist schlecht.»
Terror muss präventiv bekämpft werden können und nicht erst, wenn etwas passiert ist.
Die Einschränkungen der Freiheitsrechte würden «nicht nur Freude bereiten», räumte Mauro Tuena (SVP) ein. «Sie sind aber dringend nötig. Damit können Menschenleben gerettet werden.» Dass die Schweiz bislang von grossen Anschlägen verschont worden sei, habe auch mit der Arbeit der Sicherheitsbehörden zu tun. Man habe nun die Möglichkeit, ihnen ein feineres Instrumentarium für die Arbeit zu geben.
Anschläge durch bekannte Gefährder könnten mit den Massnahmen effektiver verhindert werden, meinte auch Alois Gmür (CVP/SZ): «Terror muss präventiv bekämpft werden können und nicht erst, wenn etwas passiert ist.» Gemäss eigenen Abklärungen würden durch die Massnahmen keine Menschenrechte verletzt. Rocco Cattaneo (FDP/TI) sagte, Radikalisierung sei ein reales Problem in der Schweiz.
Justizministerin Karin Keller-Sutter lehnte die Präventivhaft ab. Das Massnahmenpaket des Bundesrats mit Hausarrest als «ultima ratio» sei ausreichend. Dieser sei im Gegensatz zur Präventivhaft mit der EMRK vereinbar und solle auch für Minderjährige möglich sein: «Auch sie können radikalisiert sein.»
Eine links-liberale Mehrheit sagte schliesslich Nein zur Präventivhaft. Dem Hausarrest stimmte der Rat zu. Er kann bereits ab 15 Jahren verfügt werden. Das Geschäft geht zurück an den Ständerat.