50, 60, manchmal 70 Stunden arbeitet die Hausärztin Sonja Eberhard aus Burgdorf. Sie muss immer Vollgas geben. Dazu kommen Nacht- und Notfalldienste: «70 Stunden arbeiten, das ist nicht mehr gesund.»
«Auf ein langes Berufsleben gesehen muss man aufpassen, dass man nicht ausbrennt», sagt sie zu SRF. Ihre Geschichte beschrieb kürzlich ihr Ehemann in der Wochenzeitschrift «Das Magazin». Dies unter dem Titel «Meine Frau ist Hausärztin – wie lange hält sie noch durch?».
Ärztinnen und Ärzte schicken Hilferuf an Berset
Das Problem: Der Mangel an Hausärztinnen gerade im Emmental und Oberaargau – wie in vielen ländlicheren Gebieten der Schweiz – ist akut. Aber auch in Landstädten wie Langenthal.
Nun setzt die ganze Branche einen Hilferuf ab. Über 70 Hausärzte haben ein Positionspapier zum Ärztemangel unterzeichnet. Sie fordern unter anderem eine Taskforce gegen den Personalmangel, ein besseres Tarifsystem und mehr Ausbildungsplätze.
Der Brief ging etwa an Gesundheitsminister Alain Berset. Ebenso an den Langenthaler Stadtpräsidenten und Grossrat, Reto Müller (SP). Er will im Kantonsparlament mit anderen Politikerinnen und Politikern mehrere Vorstösse einreichen. «Wir müssend dringend etwas unternehmen, um die Hausarztmedizin im Kanton Bern retten zu können.»
Wir müssen dringend etwas unternehmen, um die Hausarztmedizin im Kanton Bern retten zu können.
Diese sei entscheidend für das ganze Gesundheitssystem: «90 Prozent aller medizinischen Probleme können Hausärzte behandeln. Darum müssen wir in der ganzen Schweiz mehr investieren in diese Sparte», so Müller.
Die Forderungen gehen an den Berner Gesundheitsdirektor Pierre-Alain Schnegg. Dieser sagt zu SRF, dass der Kanton Bern schon viel mache. Etwa mit dem Praxisassistenzprogramm. Dieses schweizweit pionierhafte Modell erlaubt jungen Medizinerinnen und Medizinern, während einigen Monaten in Hausarztpraxen erste Erfahrungen zu sammeln.
Verstärkung für Praxen lässt auf sich warten
Weiter gibt es hunderte zusätzliche Ausbildungsplätze an der Uni Bern. «Wir machen viel, aber es braucht noch ein bisschen Zeit.» Er meint damit die Zeit, bis die Verstärkung in den Praxen tatsächlich ankommt.
Seit 14 Jahren schon gibt es an der Uni ein Institut für Hausarztmedizin, Medizinstudierende unterstützen zudem Hausarztpraxen. Weiter gibt es seit einigen Jahren einen Lehrstuhl in Hausarztmedizin.
Ich mag den Beruf, es ist eine erfüllende Tätigkeit. Aber die Bedingungen werden immer schlechter.
Die Wirkung scheint aber (noch) zu verpuffen. Dies auch, weil viele Hausärztinnen und Hausärzte im Pensionsalter sind und es wegen der alternden Bevölkerung immer mehr Patientinnen im Alter gibt.
Für Sonja Eberhard ist also noch keine Entlastung in Sicht. Würde sie sich unter diesen Umständen wieder für diesen Beruf entscheiden? «Jein. Ich mag den Beruf, es ist eine erfüllende Tätigkeit. Aber die Bedingungen werden immer schlechter.»