Hausärztinnen und Hausärzte sind schweizweit schon länger knapp, doch in Luzern scheint ein neues Ausmass erreicht.
«Ab 1. Februar 2023 ist der Ärztliche Dienst aufgrund des Fachkräftemangels beim Ärztepersonal eingeschränkt», heisst es etwa auf dem grossen Bildschirm im Wartezimmer der Sanacare-Gruppenpraxis in der Stadt Luzern. Und weiter: «Sie werden vermehrt von unseren Medizinischen Praxisassistentinnen betreut.»
Konkret bedeutet dies: In einer Praxis, in der sich bis vor kurzem vier oder fünf Ärztinnen und Ärzte um Krankheitsfälle kümmerten, ist neu gerade noch eine ärztliche Fachperson vor Ort.
Praxisassistentinnen müssen in die Bresche springen
Die medizinische Versorgung sei dennoch gewährleistet, versichert Marc Jungi, stellvertretender Geschäftsführer der Sanacare-Gruppe, zu SRF. Sie betreibt schweizweit 13 Hausarztpraxen.
«Unsere Medizinischen Praxisassistentinnen können alle beurteilen, wie dringlich eine Patientin oder ein Patient behandelt werden muss», sagt er. Auch die Beratung von chronisch Kranken oder von Leuten mit unkomplizierten Fällen könnten sie gut leisten.
Doch das Problem ist damit nicht aus der Welt geschafft. Denn die Zentralschweiz - insbesondere die Kantone Luzern und Schwyz - ist laut Jungi ein schwieriges Pflaster, um neues Arztpersonal zu finden.
Für ausländisches Personal gelten neue Regeln
Den Grund dafür ortet er bei einer Gesetzesänderung, die 2022 in Kraft trat: Ausländische Ärztinnen und Ärzte dürfen erst dann in einer Praxis angestellt werden, wenn sie drei Jahre Berufserfahrung in der Schweiz vorweisen können. Die Kantone können zwar Ausnahmebewilligungen erteilen. «Aber», sagt Jungi, «wir haben wahnsinnig Mühe, ausländische Ärzte in der Zentralschweiz anzustellen.»
Diesen Eindruck teilt Philippe Luchsinger, Präsident des Verbands Haus- und Kinderärzte Schweiz. «Es gibt Kantone, die mit Ausnahmebewilligungen grosszügiger sind als andere, gerade wenn das ärztliche Personal knapp ist», sagt er. Luzern gehöre zu den Kantonen mit einer eher strikten Umsetzung der Vorgaben des Bundes.
Es gibt Kantone, die mit Ausnahmebewilligungen grosszügiger sind als andere.
Befeuert wird der Ärztemangel in der Zentralschweiz aktuell durch eine weitere regionale Eigenheit: Der Anteil an Einzelpraxen mit älteren Hausärzten ist hier höher als anderswo, Gruppenpraxen sind viel weniger verbreitet. Das erweist sich als Nachteil, wenn in einem Dorf ein Hausarzt in Pension geht.
«Nach der neuen Regelung kann er die Praxis nicht einfach an jemanden aus Deutschland oder Österreich übergeben», sagt Luchsinger. «Das geht nur, wenn die Nachfolgerin oder der Nachfolger bereits drei Jahre hier gearbeitet hat.»
Luzern will Bewilligungen weiterhin «gut abwägen»
Zumindest im Kanton Luzern ist ein grosszügigerer Umgang mit Ausnahmen für ärztliches Personal aus dem Ausland aber kein Thema. «Wir erteilen Ausnahmebewilligungen, aber wir wägen das sehr gut ab», sagt der zuständige Regierungsrat Guido Graf. «Wir wollen sicher sein, dass wir gute Ärztinnen und Ärzte bekommen.»
Gut möglich daher, dass ärztliche Aufgaben zunehmend von Praxisassistentinnen übernommen werden – oder von speziell ausgebildeten Pflegeexpertinnen, wie dies der Kanton Uri in einem Pilotversuch getestet hat.
Klar ist für Philippe Luchsinger, Präsident des Verbands Haus- und Kinderärzte Schweiz: «Um die Grundversorgung zu gewährleisten, ist in Zukunft eine engere Zusammenarbeit aller Berufsgruppen nötig.»