Normalerweise sind die Osterfeiertage der Startschuss für den Tessiner Tourismus. Wegen Corona blieb er aus. Die Buchungen sind um 90 Prozent eingebrochen. Der Tessiner Tourismusdirektor Angelo Trotta sagt, das Frühlingsgeschäft der Hotellerie werde mit einem Verlust von 60 Millionen Franken schliessen: «Das ist natürlich katastrophal. Niemand hätte gedacht, dass das passieren kann.»
Wie viele Menschen die Arbeit verlieren werden, sei schwer abzuschätzen, sagt Trotta. Die allermeisten Betriebe hätten Kurzarbeit angemeldet. Klar aber sei, sagt der Tourismusdirektor, dass kleine und mittelständische Betriebe am meisten betroffen seien.
Jedes dritte Hotel vor dem Aus?
Gesunde Betriebe, die investiert hätten oder grösser seien, würden dagegen mehr Chancen haben. «Bei uns hier ist es so, dass viele kleine Betriebe am authentischsten sind. Es wäre sehr schade, müssten viele dieser typischen Tessiner Betriebe schliessen.» Bei einer Umfrage hätten Tessiner Hoteliers gesagt, es werde wohl jeder dritte Hotelbetrieb schliessen müssen.
Unterdessen klingelt bei Hoteldirektor Diego Glaus ständig das Telefon. Seit 25 Jahren führt er ein sehr beliebtes auf Familien spezialisiertes Hotel in Losone nahe Locarno: «Es gibt wahnsinnig viele Anfragen für die Sommerferienzeit. Viele, die anrufen, sind fast schon verzweifelt. Wir haben lange Wartelisten und sind quasi vierfach überbelegt. Die Menschen können eben nicht wie gewohnt wegfliegen ans Meer.»
Gestaffelte Ferien in Deutschschweiz?
Nach der Sommerferienzeit bricht die Buchungsliste von Glaus regelrecht ein. Das müsste doch eigentlich nicht so sein, sagt er und appelliert an die Politik: «Was uns und den anderen Feriendestinationen wie dem Wallis und Graubünden wirklich helfen würde, wäre die Schulferienzeit der Kantone zu verändern.»
Und zwar so, dass die einen Kantone schon im Juni Sommerferien hätten, die anderen erst Mitte Juli und dafür bis Ende August. So müssten nicht alle auf einmal in die Ferien und die Hotels müssten nicht den ganzen Umsatz in kurzer Zeit machen: «Wir könnten günstiger werden», sagt Glaus.
Wir hoffen, dass wir wie früher Schweizer Touristen bei uns haben werden.
Ferien in der Schweiz sind teuer. Weil viele Schweizerinnen und Schweizer nicht ins günstigere Ausland reisen können, werden sie dieses Jahr trotzdem Ferien in der Schweiz, eben auch im Tessin machen. Und so wieder auf den Geschmack des Südkantons kommen, hoffen die Tessiner Tourismusverantwortlichen.
Zweckoptimismus in der Krise
Sie versuchen optimistisch zu sein, so wie Tourismusdirektor Trotta. «Wir hoffen, dass wir wie früher Schweizer Touristen bei uns haben werden.» Die Marke «Feriendestination Tessin» soll gestärkt aus der Coronakrise hervorgehen. Dafür sind auch Marketingaktionen geplant. Auch der Kanton soll dafür Geld geben. Das Buhlen um Schweizer Gäste hat begonnen.
Bei aller Unsicherheit ist klar: Die Ferienlandschaft Tessin wird nach der Krise auf jeden Fall eine andere sein als davor. Für kleinere Betriebe, in die schon seit längerem nicht mehr investiert wurde und die jeweils schlecht ausgelastet waren, bedeutet die Krise den Todesstoss.