Pflanzen hui, Sandstein pfui: Die pittoreske Postgasse im Herzen des Berner Unesco-Welterbes soll sich zur «grünsten Gasse der Schweiz» wandeln.
Anwohnende haben am letzten Wochenende damit begonnen, neue Pflanzen auf Fenstersimsen zu setzen. Sowie Bäume und Sträucher in Töpfen zu platzieren. Die Universität Bern untersucht mit dem Projekt, wie die Begrünung die Temperaturen, die Biodiversität und den Wasserhaushalt beeinflusst.
Das macht Klimabäume aus
Klar ist: Die Pflanzen müssen sehr widerstandsfähig sein. Wegen der Klimaerwärmung erhitzen sich besonders die Innenstädte im Sommer immer stärker. Laut UN-Klimaprognosen herrschen in Bern schon bald Temperaturen wie heute in Mailand. Lindern soll die Hitze möglichst viel Grün in den Betonwüsten der Städte.
Darum sind sogenannte Klimabäume – also Pflanzen, die Hitze und auch Kälte aushalten können – gefragt. Die Baumschule Daepp in Münsingen (BE) hat eigens eine Klimabaum-Ausstellung kuratiert.
Dort steht etwa ein Baum namens «Sieben Söhne des Himmels». Dieser stammt ursprünglich aus dem Gebirge Zentralchinas.
Er könne sehr heisse und trockene Phasen durchstehen. Ebenso kalte Winter, sagt Patrick Daepp. Erst das mache ihn zu einem Klimabaum. «Dieser Baum blüht im Spätsommer wunderschön weiss und ist dann voll von Insekten», so der Berner.
Zu Klimabäumen allgemein sagt er: «Natürlich ist das auch ein neues Geschäft, sonst würde ich lügen. Aber uns liegt Nachhaltigkeit am Herzen.» Patrick Daepp führt die Baumschule Daepp in fünfter Generation.
Gefährden chinesische Bäume Schweizer Biodiversität?
Aber gefährden gerade solche exotischen Bäume nicht die heimische Biodiversität?
Städte sind ohnehin ein komplett künstliches Ökosystem. Hier sind Exoten-Bäume kein Problem.»
«Solange solche Pflanzen in der Stadt bleiben, ist das kein Problem. Städte sind ohnehin ein komplett künstliches Ökosystem», erklärt Willy Tinner, Professor am Institut für Pflanzenwissenschaften der Uni Bern.
Heikel werde es, wenn sich solche Exoten-Pflanzen etwa in Wäldern ausbreiteten. «Im Tessin haben sich etwa Palmen und gewisse asiatische Bäume so stark ausgebreitet, dass man sie wieder ‹einfangen› musste», so Tinner.
Heimische Klimabäume geben zu wenig Schatten
Auch für Patrick Daepp ist klar, dass in der Schweiz möglichst einheimische Klima-Bäume gepflanzt werden sollten. «Es gibt aber gerade in Städten Standorte, die etwa für eine Buche zu extrem sind.»
Wenn man einen Baum setze, wolle man ja, dass dieser alt und gross werde. «Erst dann entwickelt er seine volle Wirkung. Kann viel Schatten spenden, CO₂ speichern und Feinstaub filtern», so Daepp. Bei einheimischen Klimabäumen, wie der Hainbuche, sei das Problem, dass ihre Baumkronen eher klein seien. «So ist es schwierig, urbane Gebiete herunterzukühlen.»
Wie stark die Pflanzen und Bäume die Postgasse in Bern herunterkühlen können, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Dies hängt auch von den Anwohnenden ab: «Die Pflege der Pflanzen erfolgt anschliessend, so hoffen wir, durch die Anwohnenden selbst, damit die Begrünung langfristig erhalten bleibt», erklärt Matthias Erb von der Uni Bern.