- Erst mit dem Ceneri-Basistunnel, der heute eröffnet wird, kann die neue Eisenbahntransversale Neat in der Schweiz ihre volle Wirkung entfalten.
- Die Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene erhält neuen Schub.
- Doch um das Ziel, das in der Verfassung steht, zu erreichen, reicht auch der Ceneri-Basistunnel allein nicht.
Seit das Schweizer Stimmvolk 1994 die Alpeninitiative angenommen hat, kämpft der Verein mit dem gleichen Namen dafür, dass das Ziel, das in der Verfassung steht, erreicht wird – nämlich, dass jährlich maximal 650'000 Lastwagen durch die Alpen fahren. Letztes Jahr waren es rund 900'000.
«Das ist ein freudiger Moment»
Der Ceneri-Basistunnel sei ein wichtiger Schritt, um die Verlagerung voranzutreiben, sagt Django Betschart, der stellvertretende Geschäftsführer der Alpeninitiative: «Das ist ein freudiger Moment. Mit dem Neat ist jetzt das Herzstück der schweizerischen aber auch der europäischen Verkehrspolitik fertig. Die Hardware ist erstellt. Jetzt muss man an der Software schrauben, um die Güter wirklich auch auf die Schiene zu kriegen.»
Auch der Bund rechnet damit, dass jetzt wo die Neat fertiggestellt ist, mehr Güter von der Strasse auf die Schiene verlagert werden. Weil die Strecke zwischen Basel und Chiasso nun praktisch flach ist, können weniger Loks längere Züge ziehen.
Wettbewerbsnachteil für die Schiene
Die Betriebs- und die Personalkosten sinken laut Schätzungen des Bundesamts für Verkehr um rund 20 Prozent, was die Bahn attraktiver mache. Das reiche aber nicht, um das Verlagerungsziel zu erreichen, erklärt Betschart: «Wir haben auf der Strasse hohe ungedeckte Kosten, die durch den Strassenverkehr entstehen. Das ist ein Wettbewerbsnachteil für die Schiene. Das bedeutet, wir müssen diese Kosten einpreisen, indem wir die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe ausschöpfen.»
An den Abgaben der Lastwagen zu schrauben, das gehe gar nicht, heisst es auf der anderen Seite beim Nutzfahrzeugverband Astag.
«Verlagerungsziel illusorisch»
André Kirchhofer, Vize-Direktor der Astag, räumt ein, dass das Verlagerungsziel mit dem Ceneri-Basistunnel allein nicht erreicht werden kann. Er betont: «Die Astag hat immer gesagt, dass das Verlagerungsziel von 650'000 Fahrten illusorisch ist. Das kann nicht erreicht werden.»
Die Strassentransportunternehmen stünden aber hinter den Bemühungen, Güter für lange Strecken auf die Bahn zu bringen. Sie hätten auch mit LSVA-Zahlungen in Milliardenhöhe die Finanzierung der NEAT überhaupt ermöglicht.
Bahn ist jetzt gefordert
Jetzt sei vor allem die Bahn gefordert, betont Kirchhofer: «Wir stellen fest, dass nach wie vor zwölf Prozent der Züge mit einer Verspätung von über zwölf Stunden unterwegs sind. Und von daher ist die Konkurrenzfähigkeit mit der Strasse noch nicht dort, wo sie, gemäss Verlagerungsziel, eigentlich sein sollte.»
Einig sind sich Astag und Alpeninitiative darin, dass die Neat ihren vollen Nutzen für die Verlagerung von der Strasse auf die Schiene erst entfalten kann, wenn sich auch die europäischen Nachbarn verstärkt engagieren, für den Ausbau der Zufahrtsstrecken oder eine europäische Schwerverkehrsabgabe.