- Der Nationalrat will ausgesteuerten Arbeitslosen über 60 mit einer Überbrückungsrente stärker unter die Arme greifen.
- Entgegen der abgespeckten Version des Ständerats sollen die Überbrückungsleistungen auch mehr Betroffenen und früher helfen.
- Die Vorlage gilt als wichtiges Argument gegen die Begrenzungsinitiative der SVP, welche die Pläne scharf kritisierte.
Menschen über 50, die einmal arbeitslos sind, finden nur schwer in den Arbeitsmarkt zurück. Hier setzt das Bundesgesetz über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose an.
Die Schwächsten schützen
Bundesrat Alain Berset machte deutlich, dass der Arbeitsmarkt anspruchsvoller geworden sei im internationalen Wettbewerb. Die Überbrückungsleistungen seien nur eine von sieben Massnahmen zur Problembehebung. Sie greife, um das Existenzminimum zu decken.
Es sind nicht viele, die es trifft. Aber diejenigen, die es trifft, trifft es besonders hart.
Die Sozialhilfequote der 60-64-Jährigen ist von 2011 bis 2017 um 47 Prozent gestiegen, mehr als in allen anderen Alterskategorien.
SP-Nationalrätin Barbara Gysi teilte die Ansicht des Bundesrats. Es bestehe die Gefahr, dass ältere Arbeitslose in die Sozialhilfe abrutschten.
Den Betroffenen droht ein Alter in Unsicherheit statt ein Alter in Würde.
Das sei nicht fair. Die betroffenen Menschen hätten mit ihrem Wissen zum Wohlstand der Gesellschaft beigetragen und bräuchten eine Perspektive.
Die Notwendigkeit einer Überbrückungsleistung für ältere, ausgesteuerte Arbeitslose anerkannte eine Mehrheit des Rates, mit Ausnahme der SVP. Es gab aber auch kritische Stimmen.
Zweifel zur Wirksamkeit
Melanie Mettler (GLP/BE) stellte fest, dass ihre Fraktion grundsätzlich Vorbehalte gegen Überbrückungsleistungen habe - auch weil ähnliche Massnahmen im Ausland nicht die gewünschte Wirkung entfalteten.
Skeptisch äusserte sich auch die FDP: «Unsere Begeisterung ist überschaubar, wenn es um die Schaffung eines neuen Sozialwerks geht», sagte Regine Sauter (FDP/ZH).
Es dürften keine falschen Anreize für eine generelle Frührente geschaffen werden. Es müsse alles daran gesetzt werden, dass die älteren Arbeitnehmer ihre Arbeit nicht verlören.
«Kampf gegen Begrenzungsinitiative»
Gegen Überbrückunsleitungen stellte sich die SVP. In diesem Tempo ein neues Sozialwerk durch das Parlament zu peitschen, sei nicht seriös, sagte Albert Rösti (SVP/BE). «Das ist der teuerste Abstimmungskampf, den die Schweiz je gesehen hat», hielt er mit Verweis auf die Abstimmung über die Begrenzungsinitiative vom 17. Mai fest.
Thomas Aeschi (SVP/ZG) verortete das Problem der älteren Menschen denn auch klar bei der Einwanderung. «Zehntausende Billigstausländer aus der EU nehmen älteren Schweizerinnen und Schweizer die Arbeit weg», sagte er. Statt eine Rente bräuchten ältere Arbeitnehmende eine Arbeit.
Nationalrat stimmt für grösseren Bezügerkreis
In einigen Bereichen stellte sich der Nationalrat gegen die Beschlüsse der kleinen Kammer. So soll die Überbrückungsleistung bis zur ordentlichen Pensionierung ausgerichtet werden oder bis der Vorbezug einer Altersrente möglich ist. Für die Version des Ständerats – eine Rente generell nur bis zur Frühpensionierung – stand nur die SVP ein, der Antrag scheiterte deutlich.
Zudem weitete der Nationalrat den Bezügerkreis aus. Überbrückungsleistungen sollen nicht nur jene erhalten, die nach dem 60. Geburtstag ausgesteuert werden, sondern alle 60-jährigen Ausgesteuerten, unabhängig vom Zeitpunkt der Aussteuerung.
Ein Antrag einer bürgerlichen Minderheit, den Export der Leistungen ins Ausland zu verbieten, scheiterte mit 109 zu 89 Stimmen. Die Vorlage geht zurück an den Ständerat.