Die Schweiz ist auf den Gefahrenkarten des Bundes für Hitze sowie Waldbrand grösstenteils orange eingefärbt – das bedeutet, erhebliche Gefahr. Politiker fordern bereits ein nationales Konzept zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung im ganzen Land.
Dabei sollen die Temperaturen in dieser Woche noch zunehmen: Für heute Dienstag prognostiziert SRF Meteo lokal bis zu 38 Grad. Was Badehungrige freuen mag, bereitet anderen Sorgen – so etwa Klimahistoriker Christian Pfister.
SRF News: Eine solche Hitze und Trockenheit, gab es das schon einmal in der Schweiz?
Christian Pfister: Wir haben die letzten Tausend Jahre zusammen mit Klimatologinnen und Klimatologen in einem Buch untersucht. Dabei stellten wir fest, dass es verschiedene solche Ereignisse gegeben hat. Unter anderem besonders gut untersucht ist das Jahr 1540. Da hatten wir Hitze und Trockenheit in einem grossen Bereich Europas: von Spanien bis nach Polen, von Norditalien bis nach Norddeutschland.
1540 gab es verbreitet Waldbrände, die zu trockenem Nebel führten.
Wie zeigte sich das, was ist da passiert?
Das Ereignis dauerte einen Monat an, mit einem Höhepunkt im Juli, in dem es ebenfalls nicht geregnet hat, jedoch bei sehr vier höheren Temperaturen. Es gab verbreitete Waldbrände, die zu trockenem Nebel führten. Von der Schweiz bis Polen stellte man den Nebel fest.
Muss man mit solchen Folgen auch jetzt rechnen?
Bis jetzt glaube ich das weniger, aber sichere Aussagen können wir nicht machen. Wenn extrem warme Luft kommt, wäre das noch immer möglich. Aber ich hoffe nicht, dass es dazu kommt.
Welche Faktoren führen zu solchen Situationen wie der aktuellen, also etwa zu Bränden?
Es gibt eine Häufung von Fällen mit trockenem Frühling, der dann in einen warmen, heissen Sommer übergeht. Die Verhältnisse im Frühling bestimmen also, ob der Sommer extrem ausfällt oder nicht. Ganz sichere Zusammenhänge lassen sich jedoch nicht herleiten. Nach einem sehr trockenen Frühling besteht aber ein stark erhöhtes Risiko, dass wir einen solchen Sommer erhalten, wie wir ihn nun haben.
Wenn sich der Mittelwert verschiebt, dann haben wir mehr Extremereignisse und immer extremere Extremereignisse.
In jüngerer Vergangenheit haben wir diverse Hitze-Rekordjahre gesehen: 2003, 2015, 2018, 2019. Wird langsam normal, was früher aussergewöhnlich war?
Das ist so. Wir diskutieren klimatologisch und in der Klimapolitik immer nur Mittelwerte. Aber bedeutend für die Bevölkerung, die Natur und die Umwelt sind Extremereignisse. Wenn sich der Mittelwert verschiebt, dann haben wir mehr Extremereignisse und immer extremere Extremereignisse – auch solche, die sich in den meteorologischen Messungen der letzten Jahrhunderte nicht finden. Da müsste man weit zurückgehen in der Geschichte.
Diese Ereignisse kommen also sowieso, wie können wir uns anpassen?
In erster Linie ist wichtig, dass man sich vor Augen führt, dass solche Ereignisse eintreten können. Und es ist wichtig, dass sich die Behörden überlegen, was man in solchen Situationen macht, damit sie nicht überrascht werden. So könnte man etwa trockenes Holz aus den Wäldern räumen, um dadurch Waldbränden vorzubeugen.
Das Interview führte Arthur Honegger.