«Wir kommen in eine Situation, die wir in der Schweiz noch nie hatten», zeigt sich Mitte-Präsident Gerhard Pfister in der Sendung «Club» besorgt. Krankenkassenprämien, steigende Inflation plus hohe Energiekosten zusammen könne der untere Mittelstand nicht mehr stemmen. «Der Bundesrat jedoch verhält sich relativ passiv», kritisiert Pfister.
Hauptursache für den Prämienhammer ist aber nicht die Teuerung, sondern Fehlanreize im System. Der Bundesrat habe 38 Vorschläge gemacht, wie man die Kosten im Gesundheitswesen senken könnte, aber erst drei davon seien umgesetzt, stellt SP-Nationalrätin Samira Marti fest.
Das Problem liege beim Parlament: «Wir haben ein Kartell des Schweigens von verschiedenen Interessensvertreterinnen und Lobbyisten», so Marti. Diese blockieren das Bestreben, die Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen.
Das bestätigt auch Mitte-Nationalrat Pfister, der einige Jahre der Gesundheitskommission angehörte: «Ich habe das sonst nirgends erlebt, dass ich praktisch zu jedem Gesetzesartikel ein Mail von irgendeiner Organisation erhalten habe. Es ist ein Kartell.» Für Gerhard Pfister spielt im Gesundheitswesen der Markt schon lange nicht mehr.
Wer in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen lebt, hat Anspruch auf Prämienverbilligung. Die Linken und die Mitte fordern nun eine zusätzliche Verbilligung der Prämien. Konkret soll der Bund nächstes Jahr seinen Beitrag um 30 Prozent erhöhen. Und der Ständerat verlangt zusätzliche Abklärungen.
Kritik und Lob an Prämienverbilligung
Für FDP-Ständerat Ruedi Noser sind Prämienverbilligungen nicht zielgerichtet: «Das Bundesamt für Gesundheit konnte mir keine Auskunft darüber geben, wohin das Geld geht; ob es eine Alleinerziehende erhält, die kein Geld für die Zahnoperation hat, oder ein 35-jähriger Studierter, der für seine Selbstoptimierung nur 50 Prozent arbeitet.» Dass selbst jedes seiner eigenen Kinder bei Auszug aus dem Elternhaus Anspruch auf Prämienverbilligung habe, sei eine Zumutung.
«Die individuelle Prämienverbilligung ist eines der wenigen Systeme in der Schweiz, das relativ zielgerichtet denen hilft, die es nötig haben», kontert der Mitte-Präsident. Und für SP-Nationalrätin Samira Marti sind die Prämienverbilligungen ein erfolgreiches Instrument, um die unsoziale Finanzierungsform der Krankenkassenprämien auszugleichen: «Eine Professorin bezahlt gleich viel Prämie wie eine Pflegefachfrau. Das ist ein Problem. Die Prämienverbilligung korrigiert dies.»
Kantone unter Druck
Krankenversicherungskosten gehören in einem Schweizer Haushalt zu den grössten Ausgabenposten. Für viele Menschen wird die durchschnittliche Erhöhung der Prämien um 6.6 Prozent zum Problem. Der Druck auf die Kantone steigt, genug Geld für die Prämienverbilligung zu reservieren, und der Ständerat muss entscheiden, ob er eine dringliche Erhöhung des Bundesbeitrags für die Prämienverbilligung gutheisst.