Darum geht es: Kürzlich konnten am Schweizer Nachthimmel bunte Polarlichter beobachtet werden – ein seltenes Phänomen in unseren Breitengraden. Grund dafür ist die hohe Aktivität der Sonne, die derzeit ihrem elfjährigen Maximum zustrebt. Auf der Sonne kommt es dabei vermehrt zu Sonnenstürmen, bei denen immense Mengen an geladenen Teilchen ins Weltall geschleudert werden. Treffen diese auf das Magnetfeld der Erde, sind Polarlichter zu sehen. Und je stärker die Ausbrüche, umso eher können Polarlichter auch in gemässigten Breitengraden wie über der Schweiz beobachtet werden.
Die von der Sonne ausgesandten Teilchen können in elektrischen Geräten Kurzschlüsse verursachen.
Schäden möglich: Durch die bei grösseren Eruptionen von der Sonne ausgesandten, geladenen Teilchen können Satelliten beschädigt werden. Das wiederum kann das GPS-Positionssystem beeinflussen. Möglicherweise müssen auch Flugzeuge ihre Routen verändern, um der stärksten Strahlung auszuweichen. «Die von der Sonne ausgesandten Teilchen – Elektronen oder Protonen – können in elektrischen Geräten Kurzschlüsse verursachen», erklärt die Astrophysikerin Lucia Kleint von der Uni Bern. Menschen würden aber nicht direkt gefährdet, denn auf der Erdoberfläche schützt uns das Erdmagnetfeld vor der stärksten Strahlung.
Mögliche Massnahmen: Die Sonne wird von Forscherteams auf der ganzen Welt ständig beobachtet. Sonneneruptionen werden sofort registriert und es können Voraussagen über die Wahrscheinlichkeit von Strahlungsereignissen auf der Erde gemacht werden. Damit bleiben im Normalfall acht bis 48 Stunden, um Vorkehrungen zu treffen – etwa kritische Geräte vorübergehend abzuschalten, damit es nicht zu Kurzschlüssen kommt. «Wenn ein Computer nicht läuft, macht ihm der fliessende Strom auch nicht viel aus», sagt die Astrophysikerin.
Ohne Magnetfeld kein Schutz: Geräte – oder auch Menschen – die sich nicht unter dem schützenden Erdmagnetfeld befinden, sind besonders durch Sonnenstrahlung und -stürme gefährdet. Das betrifft etwa Astronauten, die dereinst wieder zum Mond fliegen oder dort länger bleiben sollen. Jene Astronautinnen in der Internationalen Raumstation sind dagegen vom Erdmagnetfeld grösstenteils geschützt, denn die ISS umkreist die Erde bekanntlich in einer Höhe von bloss rund 400 Kilometern.
Statistisch gesehen, müssen wir mit noch viel stärkeren Sonneneruptionen alle paar tausend Jahre rechnen.
Sonnenzyklus: Unsere Sonne hat einen rund elfjährigen Aktivitätszyklus. Im Zeitraum des Aktivitätsmaximums sind auf der Sonnenoberfläche auch mehr sogenannte Sonnenflecken als normalerweise zu sehen. In der Nähe dieser Sonnenflecken befinden sich meist die Zentren der Sonneneruptionen, wobei deren Intensität sehr stark variiert. «Statistisch gesehen müssen wir mit noch viel stärkeren Sonneneruptionen alle paar tausend Jahre rechnen», sagt Kleint. Untersuchungen von Baumringen zeigten, dass es in der Vergangenheit immer wieder zu massiven Sonneneruptionen gekommen ist.
Aktivität nimmt weiter zu: Der aktuelle Sonnenzyklus steuert weiterhin auf sein Maximum zu, das in rund zwei Jahren erreicht wird. Danach nimmt die Sonnenaktivität wieder ab. Deshalb müsse man in den kommenden zwei Jahren mit vermehrten Sonneneruptionen und möglichen Folgen rechnen, sagt die Astrophysikerin: «Damit ist die Chance, im hohen Norden Polarlichter zu sehen, sehr gross. Ob aber auch in der Schweiz nochmals Polarlichter beobachtet werden können, kann niemand vorhersagen.»